Viva il cinema italiano!
Von Ulrich Schumann
Endlich ist das italienische Kino wieder da / Filmtipps von Leos Kino
Wir wissen auch nicht, wo der italienische Film in den letzten Jahren so war. Aber mit „Morgen ist auch noch ein Tag“ kehrt das Land von Fellini, Mastroianni und Co. so dermaßen eindrucksvoll zurück auf die deutschen Leinwände, dass wir sofort Lust bekommen, in diesem Monat italienische Filme zu empfehlen. Und tatsächlich haben die Italiener Spaß an ihren eigenen Filmen: der Marktanteil liegt bei rund 26%! Hier eine rein subjektive Auswahl von neuen und alten italienischen Kinoperlen.
„Ich, Capitano“ (Italien 2023), jetzt im Kino
Lange hat es gedauert, bis das Schicksal von Geflüchteten, die nach Europa wollen, im Kino Erwähnung gefunden hat. Nach dem polnischen „Green Border“ hat es nun eine weitere Großproduktion zu uns geschafft. „Ich, Capitano“ schildert in ausdrucksstarken Bildern die Geschichte zweier senegalischer Teenager. Beide träumen von einem besseren Leben in Europa. Doch die Flucht gerät zum Horrortrip. Regisseur Matteo Garone spart nichts aus und zeigt schonungslos Misshandlung, Erpressung und Lebensgefahr. Der Film war im Februar 2024 für den Oscar nominiert.
„Für eine sonnige Zukunft“ (Italien 2023), noch nicht in Deutschland verfügbar
Das neueste Werk von Altmeister Nanni Moretti hatte in Italien hohe Zuschauerzahlen und ist auch in Frankreich gut gelaufen. Einen Starttermin für Deutschland gibt es noch nicht. Freuen können wir uns aber auf eine witzig-anspruchsvolle Reflexion über das Filmemachen. Der (fiktive) Regisseur Giovanni steht hier kurz vor Drehbeginn eines neuen Zirkusfilms. Doch die Arbeiten verzögern sich: private Probleme, der Bankrott des Koproduzenten und der Einfluss von Netflix-Mitarbeitern, die das traditionelle Filmemachen unterlaufen, lassen Giovanni ins Grübeln kommen.
„La Grande Bellezza – Die große Schönheit“ (Italien 2013), auf Amazon Prime Video und auf DVD erhältlich
Er löste den letzten großen italienischen Kino-Boom aus: Paolo Sorrentino. Mit „La Grande Bellezza“ schuf er einen modernen Klassiker. Sein Protagonist Jep, römischer Kulturjournalist, wird hier 65 Jahre alt und feiert ein Fest, das es in solcher Ausgelassenheit, Anmut und Poesie auf der Leinwand noch nicht gegeben hat. Doch als Jep erfährt, dass seine große Jugendliebe gestorben ist,beginnt eine Affäre mit der Stripperin Ramona. Wer hier an den großen Fellini denken muss, liegt richtig. Tatsächlich katapultiert Sorrentino Fellinis „La Dolce Vita“ in das 21. Jahrhundert und schafft eine brillante Satire auf die römische Upper Class.
„Fahrraddiebe“ (Italien 1948), s/w, zum Beispiel bei MUBI, ARD Plus oder Apple TV
„Morgen ist auch noch ein Tag“ bezieht sich unmittelbar auf Filme des italienischen Neo-Realismus und zeigt: diese Filme sind immer noch sehenswert. Ende der 1940er begannen italienische Regisseure wie Vittorio Da Sica oder Roberto Rosselini das tägliche Leben der Italiener zu filmen und kleine Geschichten aus dem Alltag zu erzählen. In „Fahrraddiebe“ geht es zum Beispiel um einen Fahrraddiebstahl und die heftigen Konsequenzen, die dieser Diebstahl hat. Während dieser Film bei vielen Streaming-Anbietern verfügbar ist, sind andere Klassiker wie „Rom, offene Stadt“ scheinbar verschollen. Schade – denn diese Filme atmen eine Authentizität und eine dramatische Poesie, wie sie das Kino selten findet.