
Grüne informieren zur Heiztechnik
Asemissen (ted). In 16, spätestens 21 Jahren ist Schluss mit Gas- und Ölheizungen. Das ist für den Energieberater Michael Brieden-Segler vollkommen klar. Er kennt die Gründe.
Das Thema Wärmepumpe und neue Heizung bewegt. Etwa 50 Interessierte waren zum „Grünen Salon“ von Bündnis 90 / Die Grünen gekommen. Es waren vor allem Ältere, aber auch einige Jüngere.
Brieden-Segler ist seit Jahrzehnten Energieberater. Er ist Geschäftsführer von e&u energiebüro gmbh, einem Energieberatungsbüro mit neun Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. „Es gibt Ängste“, sagt er und einige Besucher nicken leise. Brieden-Segler will über Hintergründe informieren, die Wärmeplanung vorstellen und sagen, was man selbst konkret tun kann.
Erst einmal geht es um den Grund für die Abkehr von fossilen Brennstoffen, den vom Menschen verursachten Klimawandel. Brieden-Segler zeigt die Folgen: durch Trockenheit abgestorbene Wälder in den Mittelgebirgen, Überschwemmungen und den Meeresspiegel, der bei ungehindertem weiterem Ausstoß von CO2 auf sieben bis zehn Meter über Normalnull ansteigen könnte.
Küstenstädte gehen unter
Die Flut im vergangenen Jahr sei mit zwei Metern über Normalnull als Jahrhundertflut bezeichnet worden, sagt der Energieberater. „Alle Küstenstädte Deutschlands werden diesen Anstieg nicht überleben“, meinte Brieden-Segler. Das werde zu Fluchtbewegungen führen. „Die Niederländer werden wir übernehmen, die sind ja ohnehin schon oft hier“, sagte Brieden-Segler mit einem Anflug von Sarkasmus.
Zum Ende des fossilen Steinalters und der Argumentation, es seien noch Kohle-, Gas- und Ölvorräte im Boden meinte der Energieberater trocken. „Die Steinzeit ist nicht zu Ende gegangen, weil es keine Steine mehr gab“, was für eine gewisse Heiterkeit sorgte.
Fossile Heizungen werden verboten
Die zunehmenden Temperatuten stellten die hiesigen Häuser vor Probleme. „Wir haben unsre Häuser für den Winterbetrieb gebaut.“ Das sei in südlichen Ländern anders, stellte Brieden-Segler fest. Klimaneutral zu werden bedeute, 90 Prozent der Menge an CO2, das seit 1990 mehr in die Luft geblasen werde, zu vermeiden. Vor allem ältere Menschen hätten mit der Umstellung Probleme, denn die Heizung funktioniere technisch ja.
Die gesetzlichen Bedingungen stehen fest. Ab 2045 darf fossiles Gas nicht mehr in Leitungen transportiert werden. Die EU-Gebäuderichtlinie schreibe ab 2050 für alle Häuser Null Emissionen vor. Öffentliche Gebäude müssen das ab 2028 leisten. Fossile Heizungen sind nach EU-Norm bis 2040 erlaubt, in Deutschland bis 2045. Es gebe eine Sanierungspflicht für die 16 Prozent der schlechtesten Gebäude, sagte Briden-Segler.
Heizungsgesetz bleibt
Das Heizungsgesetz werde entgegen aller Bekundungen auch nach der Bundestagswahl 2025 nicht abgeschafft werden, sagt der Energieberater voraus. Denn die EU und die die EU-Staaten, die schon weiter als Deutschland sind, würden dagegen sein. „Das Thema fossile Brennstoffe ist durch“, betont Brieden-Segler.
Zudem gebe es das Verbot von fossilen Heizungen ab 2045. Würde das Heizungsgesetz abgeschafft, drohten wegen der durchschnittlichen 20-jährigen Nutzungsdauer von Heizungen Schadenersatzklagen gegen den Bund. „Das wissen auch die, die die Abschaffung des Gesetzes fordern“, kommentiert Brieden-Segler.
Ab 2028 keine neuen Heizkessel
Schon jetzt böten die in Deutschland zugelassenen E-Autos so viel Speicherkapazität, wie der gesamte deutsche Kraftwerkspark. Diese Autobatterien dürfen aber bis heute nicht als Speicher genutzt werden, anders als in anderen Ländern.
Ab 2028 dürften nur noch Heizkessel mit einem Wirkungsgrad von 115 Prozent eingebaut werden. Brennwertkessel erreichen ausphysikalischen Gründen nur 111 Prozent. „Damit wird es keine Heizkessel mehr geben“, stellt Brieden-Segler fest.
Deutschlands Strafzahlungen
Deutschland sei eines von drei Länder in Europa, dass seine Klimaziele nicht erreiche und deswegen Strafzahlungen leisten müsse. 2019 seien das 1,5 Milliarden Euro gewesen, zu zahlen an Ungarn, Tschechien und Bulgarien.
Fossiles Gas werde teuer. 2027 sei eine CO2-Steuer von 75 Euro pro Tonne zu erwarten, 2030 eine von 300 Euro pro Tonne. Daher werde der Strom umso billiger, je weniger fossile Brennstoffe verwendet werden.
Keine Rolle für Wasserstoff
In der Wärmeplanung werde es in verdichteten Wohnbereichen wie in Leopoldshöhe um den Marktplatz und Bereichen in Asemissen auf Nah- und Fernwärme hinauslaufen, in allen anderen auf die Wärmepumpe. Wasserstoff werde keine Rolle spielen, weil das Gasnetz für den Transport der erforderlichen mengen an Wasserstoff nicht geeignet sei. Dazu sei es nicht dicht genug. Außerdem sei die Verwendung von Wasserstoff zum Heizen unwirtschaftlich, weil für dessen Herstellung die fünffache Menge an Strom im Vergleich zur Wärmepumpe nötig ist, erläuterte Brieden-Segler.
Um die Menge an Wärmepumpen, Photovoltaikanlagen und E-Autos verkraften zu können, brauche es eine Kombination aus verbessertem Stromnetz und intelligenter Steuerung, sagte der Energieberater. Für verdichtete Bereiche werde es einen Anschluss- und Benutzungszwang an Nah- oder Fernwärme geben, damit die Investitionen in diese Wärmeversorgung sich rechnen.
Anschluss- und Benutzungszwang
Der Energieberater sieht wenig Hindernisse, einen Anschluss- und Benutzungszwang durchzusetzen. Schließlich seien irgendwann auch Abwasserkanäle gebaut und Mülltonnen aufgestellt worden, beides mit Anschlusszwang. Holz als Brennstoff sei in Deutschland weitgehend ausgereizt.
Brieden-Segler stellte verschiedene Arten von Wärmepumpen vor. Bei Erdwärmepumpen werde bis 150 Meter in die Tiefe gebohrt. So eine Bohrung könne etwa 9.000 Euro kosten. Für Luft-Wärmepumpen sei der Mindestabstand zum Nachbarn abgeschafft worden. Sie dürften nicht lauter als 30 dB/A sein. „Wenn die bei Kälte richtig arbeiten müssen, haben die Leute ohnehin die Fenster zu“, sagte Brieden-Segler.
Heizung einfach getauscht
Er klärte über Wärmepumpenmythen auf. Sie würden auch bei tiefen Temperaturen heizen, das zeige deren Verwendung in den skandinavischen Ländern mit deren kalten Wintern. Wärmepumpen könnten auch in Häusern ohne Fußbodenheizung wirtschaftlich eingebaut werden. Das zeige unter anderem sein eigenes Haus aus dem 19. Jahrhundert. Dort sei die Öl-Heizung gegen eine Wärmepumpe ausgetauscht worden. Alle Heizkörper seien erhalten geblieben, auch die alten gusseisernen Rippenheizkörper.
Die Wärmepumpe liefere eine Vorlauftemperatur von bis zu 60 Grad Celsius. Noch bei minus zehn Grad Celsius liege der sogenannte COP der Pumpe bei 2, sie liefere also doppelt so viel Wärme, wie Strom für den Betrieb genutzt werde. Im vergangenen Jahr habe er etwa 6.000 Kilowattstunden Strom für die Wärmepumpe gebraucht, sagte Brieden-Segler. So ziemlich alle seit den 1980er Jahren gebaut Häuser seien für Wärmepumpen geeignet und wirtschaftlich. Bei Häusern aus Baujahren davor im Originalzustand müsse mehr geschehen.
70 Prozent Zuschüsse
Mit einer Wärmepumpe könnten auch große Häuser beheizt werden, möglicherweise über eine Nahwärmeversorgung. Die Stadt Köln plane zurzeit eine 150 Megawatt-Wärmepumpe für die Fernwärmeversorgung, die die Wärme des Rheins nutzen werde.
Für eine neue Wärmepumpe gebe es bis zu 70 Prozent Zuschüsse, wenn es sich um eine auszutauschende Ölheizung oder eine mindestens 20 Jahre alte Gasheizung handelt. Der Zuschuss sei auf Kosten von 30.000 Euro gedeckelt. Höhere Kosten hält Brieden-Segler für deutlich zu teuer.
3.000 Euro für eine neue Heizung
Für den Antrag sei eine Beratung durch einen anbieterneutralen Energieberater oder einen Heizungsbauer nötig. Ein Besucher rechnete vor, dass er für seine neue Heizung 5.000 Euro nach Abzug der Zuschüsse und für die eines Verwandten 3.000 Euro gezahlt habe. Brieden-Segler rät, eine PV-Anlage gleich mitzuplanen. Ein Besucher rät, alle Dachflächen vollzulegen, dann könne man auch im Winter 25 Prozent seines Strombedarfes selbst decken.
Eine Besucherin fragte nach dem Sinn eines Schreibens ihres Energieversorgers, der angekündigt hatte, im Bedarfsfall Wallbox, Wärmepumpe und PV-Anlage abzuregeln. Das gelte nur für die Entnahme aus dem Netz oder die Einspeisung in das Netz, beruhigte Brieden-Segler. Wenn der Strom selbst verbraucht werde, gebe es keinen Anlass, die PV-Anlage abzuregeln.



