Volksbank Bad Salzuflen will eigenständig beiben

Vorstandssprecher Matthias Kruse spricht über die strategische Ausrichtung seiner Bank.

Vorstandssprecher Matthias Kruse über Gründe gegen Fusion

Bad Salzuflen (liw). Nach beschlossener Fusion im Oktober 2023, sind die Volksbank Bielefeld-Gütersloh und die Volksbank Herford-Minden im August 2024 auch technisch zusammengeführt worden. In Ostwestfalen bestehen jetzt neben der fusionierten Volksbank Ostwestfalen nur noch zwei weitere regionale Volksbanken. Eine davon: die Volksbank in Bad Salzuflen, mit einer Filiale am Leopoldshöher Marktplatz.

Vorstandssprecher Matthias Kruse erklärt, warum sich seine Volksbank in Bad Salzuflen der Fusion nicht angeschlossen hat und beantwortet, ob das in naher Zukunft passieren wird.

Mit Betonung auf Kundennähe und Flexibilität als entscheidende Vorteile kleinerer Banken, gibt er Einblicke in die Strategie des Hauses und wie sie sich im Wettbewerb gegen günstigere und weniger persönliche Anbeter behauptet wird. „Wenn du es günstig möchtest, bist du bei den anderen genau richtig. Wenn du es gut möchtest, dann geh lieber zu uns,” sagt Kruse selbstbewusst. Ein Blick auf Tradition, Qualität und die Zukunft des Bankgeschäfts.

Die Volksbank Bielefeld-Gütersloh die Volksbank Herford-Mindener Land fusionieren rückwirkend zum 1. Januar 2024. Warum hat sich die Volksbank Bad Salzuflen dem Zusammenschluss nicht angeschlossen?

Kruse: Wir bewerten im Rahmen der jährlichen Strategieentwicklung stets die Vor- und Nachteile einer Fusion. Aktuell sehen wir für die Volksbank Bad Salzuflen in der Eigenständigkeit den größeren Nutzen für unsere Kundinnen und Kunden. Die üblichen Fusionsgründe mittelgroßer Häuser sind bei uns im Moment weniger relevant.

Welche Vorteile sehen Sie in der Eigenständigkeit?

Kruse: Wir glauben als kleinere Bank eine höhere Kundennähe zu haben. Das spüren viele Kunden auch. Es gibt Kunden, die uns bitten, so zu bleiben, wie wir sind, weil das nahbar, unkompliziert und schnell ist. Wir haben kurze Entscheidungswege, flache Hierarchien und eine schlanke Organisation.

Und die Nachteile der Eigenständigkeit?

Kruse: Ja, die gehören zur Wahrheit natürlich auch dazu, wenngleich wir Wege gefunden haben, potenzielle Nachteile abzumildern oder zu vermeiden.

Unsere Kundenberater sind oft Generalisten. Am Beispiel eines Firmenkundenbetreuers erklärt, deckt dieser alle Bedürfnisse seiner Kunden aus einer Hand ab. Und dies bei jedem Thema und in jeder Branche. Große Banken können sich auf einzelne Themenfelder noch stärker spezialisieren, wie zum Beispiel das Auslandsgeschäft oder die Finanzierung von Projekten zu regenerativen Energien. Beides kommt bei uns nicht täglich vor. Wir können aber in diesen Fällen bei Bedarf auf Spezialisten der DZ Bank, dem Zentralinstitut der genossenschaftlichen Finanzgruppe und zweitgrößten Bank in Deutschland, zurückgreifen. Wir arbeiten eng zusammen, die Spezialisten der DZ Bank kommen zu uns und begleiten Kundengespräche zu solchen Themen, so dass für unsere Kunden kein Nachteil entsteht.

Ein zweites Thema ist, dass kleinere Häuser ungünstigere Kostenstrukturen haben. Wenn wir zwei Controller beschäftigen und eine Bank im Vergleich zehnmal so groß ist, so werden dort sicher keine 20 Controller benötigt. Das Beispiel lässt sich auf viele interne Bereiche übertragen. Wir kompensieren das über einen hohen Standardisierungsgrad bei kundenfernen Prozessen. Wir nutzen beispielsweise im Bereich der Kreditbearbeitung die Standardprozesse des Rechnungszentrums, die dann auch automatisch vom Rechenzentrum immer weiterentwickelt werden. So sind wir individuell am Kunden, aber schnell und effizient in der nachfolgenden Bearbeitung der Kundenwünsche.

Darüber hinaus adaptieren wir in allen Bereichen der Bank Produkte, Dienstleistungen und Lösungen, die in der genossenschaftlichen Finanzgruppe zentral für alle knapp 700 Volksbanken entwickelt werden. Große Häuser entwickeln teilweise eigene Lösungen und versprechen sich davon eine höhere Individualität oder einen schnelleren Marktzugang.  Das kann in Einzelfällen ein Vorteil sein. Wir sind aber davon überzeugt, dass auch wir, selbst wenn wir mal drei Monate später mit einem neuen Produkt am Markt sind, alle Kundenerwartungen erfüllen. Zudem sind die zentral geschaffenen Lösungen rechtlich geprüft, ausgereift und technisch durch das Rechenzentrum bereits in die Bankanwendungen integriert.

Mein Kollege Matthias Smit und ich sind selbst in einigen Gremien der Genossenschaftlichen Finanzgruppe, so dass wir zentrale Ideen und Lösungen mitgestalten und anschließend besonders schnell im eigenen Haus nutzen können. Das soll heißen: Wir erfinden das Rad nicht immer wieder neu, sondern nehmen dann auch gern mal gute Lösungen, die letztendlich für die gesamte FinanzGruppe entwickelt werden. Und wir haben uns als ein strategisches Ziel gesetzt, alle neuen digitalen Prozesse der Rechenzentrale zu übernehmen, wenn sie für unser Haus sinnvoll sind.

Die Volksbank am Leopoldshöher Marktplatz gehört zur Volksbank Bad Salzuflen.

Was sind das für Prozesse?

Kruse: Das sind im Kundenbereich beispielsweise Online-Abschlussstrecken für Kunden, die gerne an sieben Tagen in der Woche und 365 Tagen im Jahr ihre Bankgeschäfte unabhängig von Zeit und Ort erledigen möchten. Mittlerweile können Konten, Sparverträge, Mitgliedschaften und zahlreiche andere Vorgänge bequem digital eröffnet und abgeschlossen werden.

Ein weiteres Beispiel: Unsere VR-Banking-App ist von einer renommierten Unternehmensberatungsgesellschaft getestet und mit anderen Angeboten am Markt verglichen worden. Im Ergebnis haben wir die drittbeste Banking-App in Deutschland, wenn alle Möglichkeiten, die diese App bietet, auch von uns freigeschaltet sind. Also was sollte uns davon abhalten, unseren Kunden solche Möglichkeiten nicht stets unmittelbar nach der Entwicklung zu ermöglichen? Letztendlich darf der Kunde für sich entscheiden, was er davon nutzen möchte oder nicht.

Faktencheck!

Nach Aussage von Matthias Kruse wurde die Unternehmensberatungsgesellschaft Roland Berger vom Bundesverband der Volksbank Raiffeisenbank intern zu dieser Untersuchung beauftragt. Die Ergebnisse liegen nicht öffentlich vor und können nicht verifiziert werden.

Sie haben die Vor- und Nachteile der Eigenständigkeit erklärt. Was sind im Umkehrschluss die Gründe für Banken ihrer Größe, zu fusionieren und warum treffen diese für Sie nicht zu?

Kruse: Es gibt aus meiner Sicht drei Hauptgründe für mittelgroße Banken zu fusionieren. Oft sind es betriebswirtschaftliche Notwendigkeiten. Das sind dann oft Risiken, die schlagend geworden sind. Zum Beispiel ein nicht mehr auskömmliches Betriebsergebnis oder eine zu knappe Eigenkapitalausstattung, um Wachstum und Risiko solide abzudecken. Unsere Ertragslage ist solide und wird sich gemäß unserer Mehrjahresplanung weiter positiv entwickeln. Die Eigenkapitalausstattung, also die Vermögenslage, ist bei uns sehr gut. Unsere Gesamtkapitalquote liegt bei rund 21 Prozent, das haben die allerwenigsten Banken.

Sie sprachen von drei Hauptfusionsgründen?

Kruse: Das zweite Motiv zur Fusion ist die überbordende Regulatorik, also Vorschriften für unser Geschäft. Ich bin nicht gegen Regulatorik. Vieles, was nach der Finanzmarktkrise entstanden ist, hat seine Berechtigung. Aber die Proportionalität ist manchmal nicht gegeben. Wir sind nicht mit Großbanken vergleichbar und müssen trotzdem annähernd viele Regularien erfüllen. Dabei sind viele Vorschriften innerhalb kurzer Fristen und formal äußerst umfassend im eigenen Haus zu implementieren, selbst wenn die materiellen Risiken oder Auswirkungen überschaubar sind.

Damit kommen wir zur Wettbewerbsfähigkeit. Was sind die regulatorischen Maßnahmen, die so richtig ins Gewicht fallen?

Kruse: Nehmen wir nur einige Beispiele: Die aktuelle Novelle der MaRisk, DORA, die LSI-Stresstests und ganz aktuell das neue regulatorische Paket der europäischen Bankenaufsicht.

Bei der MaRisk gibt es regelmäßig Erweiterungen statt einen Abbau für kleine Institute. DORA ist ein äußerst wichtiges Thema. LSI steht für weniger bedeutende Institute, die keine direkte Relevanz für die Wirtschaft eines Landes haben. Dazu gehört auch die Volksbank Bad Salzuflen. Bei der IRRBB-Meldung musste unser Controller 3.000 Datenfelder füllen und melden.

Das sind für sich genommen alles wichtige Themen und auch berechtigte Nachfragen einer Bankenaufsicht, um Schieflagen einzelner Banken oder sogar systemische Risiken präventiv zu vermeiden. Oft ist es aber so, dass europäisches Recht in Deutschland noch mal strenger umgesetzt wird, als es eigentlich europäisch vorgesehen ist und dann bei uns manchmal sehr bürokratisch anmutet. Der damit verbundene, anlassbezogene Dokumentationsaufwand ist erheblich. Unser Wunsch wäre, dass die Aufsicht diese Erkenntnisse direkt aus den turnusmäßigen Meldungen ableitet, die wir ohnehin regelmäßig an den Verband und die Aufsicht übermitteln.

Es ist ein Kraftakt für unsere Mitarbeiter, aber wir können die Herausforderungen bewältigen, weil wir dafür dann doch noch groß genug sind. Im Vorstand, auf Bereichsleiter-und Spezialistenebene ist die dafür notwendige Kompetenz bei uns vorhanden.

Und das ist auch eine gute Überleitung zum dritten Grund, dem Fachkräfte- und Arbeitskräftemangel, für viele Unternehmen inzwischen das zentrale Thema. Wir haben schon von Kollegen gehört, die keinen Controller oder Leiter Betriebsbereich, der die Bilanz aufstellen kann, mehr gefunden haben und deshalb fusionieren mussten. Auch das ist bei uns Gott sei Dank nicht so.

Im Ergebnis sind diese drei Hauptgründe, die für einen Fusionsdruck kleinerer und mittlerer Banken sorgen, für uns nicht relevant, was die Eigenständigkeit für unser Haus weiter ermöglicht.

Wie kommt es, dass Sie mit dem Fachkräftemangel so wenig Probleme haben? Was ist Ihr Wundermittel?

Kruse: Ja, das ist tatsächlich ein Stück weit ein Wunder. Wir kennen natürlich die Problematik. Und wir wissen auch, dass auch uns das irgendwann treffen kann. Aber im Moment ist es eben nicht so. Das liegt daran, dass wir versuchen, das Thema ganz bewusst zu steuern. Also einmal ist es die positiv belegte Marke der genossenschaftlichen FinanzGruppe mit ihren vielen Volks- und Raiffeisenbanken und den bekannten Verbundinstituten, wie die DZ Bank, eine Union Investment, die Bausparkasse Schwäbisch Hall oder die R+V Versicherung. Aber auch das positive Image der Volksbank Bad Salzuflen selbst.

Wir haben Werte. #GIVE ist der Oberbegriff. Das steht für Gemeinschaft, Innovation, Vertrauen und Engagement. Das heißt, man kann sich bei uns wohlfühlen, erlebt eine Vertrauenskultur und ist Teil einer tollen Gemeinschaft. Das schließt eine hohe Leistungsorientierung nicht aus. Dafür stehen Innovation und Engagement. Aber alles eben im Rahmen eines respektvollen und partnerschaftlichen Umganges. Das wird auch dadurch begünstigt, dass wir noch wie eine große Familie sind. Wir haben 141 Mitarbeiter. Und da kennt noch Jeder Jeden.

Dann bieten wir viele Sozialleistungen. Nur zwei Beispiele sind Bike-Leasing und ein ganz ausgeprägtes Gesundheitsmanagement mit Vorträgen zur Ernährung und Bewegung bis hin zu einem psychologischen Beratungsangebot. Wir leben regionale Nähe. Unser Geschäftsgebiet ist auch nicht ganz klein, aber bei uns kommen einige mit dem Fahrrad zur Arbeit und schätzen, dass Wohnort und Arbeitsplatz nicht so weit voneinander entfernt sind, wie das bei sehr großen Banken der Fall sein kann.

Und der Haupttreiber: Mitarbeiter werben Mitarbeiter. Und das aus freien Stücken und nicht auf Basis materieller Anreize. Bei erfolgreicher Vermittlung gibt es zwei extra Urlaubstage. Es gibt viele Kolleginnen und Kollegen, die sich so wohlfühlen, dass sie im Freundes- und Bekanntenkreis für uns werben. Das führt dazu, dass wir praktisch keine Vakanz haben und keine Probleme, Menschen für unser Haus zu gewinnen. Das ist eine tolle Situation, die wir sehr zu schätzen wissen.

Für andere Volksbanken ist der Fachkräftemangel der Hauptfusionsgrund. Würden Sie denen vorwerfen, dass Sie das „Wohlfühlgefühl“ und gemeinsame Werte vernachlässigen, nach dem Motto „selber schuld“?

Kruse: Das würde ich mir niemals anmaßen. Wir reden lieber über unsere eigenen Vorzüge als über vermeintliche Defizite anderer Banken. Die Gründe sind auch oft vielfältig. Natürlich ist es für die Verantwortlichen sehr großer Banken schwierig, die Bedürfnisse einzelner Mitarbeiter zu kennen. Da braucht es insgesamt eine gute Führungsmannschaft. Gute Führung ist der zentrale Erfolgsfaktor, schlechte Führungskräfte das größte Risiko für Mitarbeiterzufriedenheit.

Wenn Sie eine Umfrage über Kündigungsgründe von Mitarbeitern machen, dann steht schlechte Führung an erster Stelle. Eine schlechte Führungskraft ist der Hauptkündigungsgrund. Deswegen legen wir so viel Wert darauf, die Führungskräfte professionell mit entsprechender Methodenkompetenz auszustatten. Aber ich glaube, dass die überschaubare Betriebsgröße es auch einfacher macht, dann wirklich näher dran zu sein.

Es gibt gerade zwei offene Stellen. Woran liegt das?

Kruse: Eine Kollegin tritt in den Ruhestand, eine andere Kollegin möchte sich intern verändern. Das sind beides ganz normale Situationen. Beide Stellen sind ausgeschrieben und die ersten Bewerbungen sind schon im Haus. Das ist eine Luxussituation, aber wir tun auch viel dafür.

Und wir gehen inzwischen sehr stark in die sozialen Medien. Wir haben eine Social Media Managerin eingestellt, die diese Kanäle bespielt. Das hat viel mit Image und Markenbildung zu tun, und natürlich auch damit, junge und digitalaffine Menschen zu erreichen.

Bilden Sie im Haus auch aus?

Kruse: Ja, klar. Wir haben sieben Auszubildende bei uns. Das machen wir und bieten im nächsten Jahr auch wieder ein duales Studium an.

Auch diese Stellen können Sie problemlos besetzen?

Kruse: Mittlerweile ja. Das war mal anders. Vor Jahren hatten wir echt Schwierigkeiten. Wir haben jetzt auch wieder mehr Bewerbungen als Ausbildungsplätze.

Wie erklären Sie sich das? Glück gehabt?

Kruse: Das ist schwer zu erklären. Der Bankberuf ist nicht mehr so beliebt wie früher. Liegt aber auch ein Stück weit an Intransparenz. Man verbindet mit Bank vermutlich oft nur einen Teilbereich des eigentlich sehr breit gefächerten Aufgabenspektrums in einer Bank. Die zahlreichen, berufsbegleitenden Qualifizierungsmöglichkeiten als Äquivalent zu einem Hochschulstudium, sind ebenfalls nicht immer bekannt. Wir klären dazu auf, zum Beispiel bei der Nacht der Ausbildung in Lippe.

Wie viele Kunden hat die Volksbank Bad Salzuflen?

Kruse: Im Moment sind es 41.927 Kunden. Und die haben 86.613 Konten. Das heißt, im Schnitt hat jeder zwei Konten. Klassischerweise ein Girokonto und ein Sparkonto.

Unsere Bilanzsumme beträgt rund 860 Millionen. Hinzu kommt ein Verbundvolumen, etwa in gleicher Höhe. Das bedeutet, dass unsere Kunden nicht nur bilanzielle Produkte haben, sondern eben auch Wertpapiersparverträge, zum Beispiel bei der Union Investment, Wertpapieranlagen, Zertifikate, Bausparverträge, Lebensversicherungen und Ratenkredite. Und das sind in Summe nochmal 42.000 Konten.

Wie steht die Zahl von gut 40.000 Kunden im Verhältnis zur Konkurrenz?

Kruse: Von den 700 Volksbanken sind wir etwa im Mittelfeld in einem Ranking nach Bilanzsumme. Der ungebrochene Fusionstrend hat aber dazu geführt, dass unsere Bilanzsumme inzwischen unter dem Durchschnitt liegt. In unserem Geschäftsgebiet, von Asemissen und Leopoldshöhe, über Bad Salzuflen bis ins Kalletal und Extertal und weiter nach Barntrup, da haben wir als Regionalbank eine sehr hohe Kundenreichweite.

Wie sind die Marktanteile?

Kruse: Man kann grundsätzlich sagen, dass in städtischen Regionen der Marktanteil einer Bank geringer ist, einfach weil die Konkurrenzintensität viel größer ist. Bei uns sind das im Wesentlichen die Sparkasse und die Volksbank. Die Großbanken nehmen wir kaum noch wahr. Junge Menschen testen aber auch Trade Republic oder N26. Da liegt es an uns, auch junge Menschen von den Vorzügen einer lokalen Bank zu überzeugen.

Wie sehen die Ertrags- und Vermögenslage aus? Kann man die Geschäftslage der Volksbank Bad Salzuflen mit der Konkurrenz vergleichen?

Kruse: Die Ertragslage ist auskömmlich. Wir arbeiten daran, dass sie noch besser wird und erwarten, dass das in den kommenden Jahren der Fall sein wird. Das liegt auch daran, dass auf Basis des aktuellen und erwarteten Zinsniveaus wieder ein höheres Zinsergebnis erzielt werden kann. In der Niedrigzinsphase war das schwerer.

Neben dem Zinsergebnis ist das Provisionsergebnis wichtig. Das umfasst den Zahlungsverkehrsertrag sowie im Wesentlichen Einnahmen aus Lebensversicherungen, Wertpapieren, Bausparverträgen und Ratenkrediten. Hier sind wir im Bankenvergleich deutlich überdurchschnittlich, was sicher auch das Ergebnis unserer intensiven Kundenbeziehungen ist.

Ein Nachteil besteht bei den Kosten. Wir haben überdurchschnittlich hohe Personalkosten und Sachkosten, weil wir die beschriebenen Synergien großer Häuser nicht in gleichem Maße generieren können. Am Ende erzielen wir aber ein zufriedenstellendes Betriebsergebnis.

Uneingeschränkt positiv ist die Vermögenslage. Wir haben eine sehr hohe Eigenkapitalausstattung von mehr als 100 Millionen Euro. Das macht uns beständig und sehr resilient. Außerdem erfüllen wir damit problemlos alle aufsichtsrechtlichen Anforderungen.

Gibt es langfristige Überlegungen, sich doch noch einer Fusion anzuschließen?

Kruse: Im Moment nicht. Das manchmal erwartete Versprechen, dass wir niemals fusionieren werden, kann und möchte ich nicht abgeben. Das wäre kurzsichtig und wenig seriös. Eine Fusion ist eine strategische Option, die es im Rahmen einer Strategieentwicklung oder Strategieüberprüfung immer wieder rational zu bewerten gilt. Ich kann bestenfalls für fünf Jahre garantieren. Trotz sorgfältiger Planung und Unternehmensführung kann Niemand zukünftige Entwicklungen vollumfänglich absehen. Eigenständigkeit hat viele Vorteile, aber auch keinen Selbstzweck. Wichtig ist, dass Kunden und Mitarbeitende bei einer Bank sind, die alle Erwartungen nachhaltig erfüllen kann, ein funktionierendes Geschäftsmodell hat und damit zukunftsfähig ist. In 2028 feiern wir unser 125-jähriges Jubiläum. Da bin ich ganz sicher.

Die Volksbank Bad Salzuflen bleibt die nächsten fünf Jahre eigenständig?

Kruse: Für die nächsten Jahre würde ich eine Fusion für uns ausschließen. Einfach, weil wir die Notwendigkeit nicht sehen. Das ist eine ganz ehrliche Antwort – es ist nichts in Sichtweite und es gibt keine Pläne.

Kunden- und Heimatnähe sind quasi Ihre Kernkompetenz. Wie funktioniert das, wenn alles digitaler wird?

Kruse: Heute ist es so, dass das Alter, die Affinität zur Digitalisierung und auch die Komplexität des Produktes entscheidet. Junge Menschen machen alles digital. Also selbst bei vermeintlich komplexen Produkten, erkennen junge Menschen oft nicht den Wert einer Beratung. Sie suchen dann eher Orientierung im Netz, in den entsprechenden Bubbles, in denen sie sich bewegen. Und wir glauben, dass es sinnvoll sein kann, die Digitalisierung und das persönliche Gespräch miteinander zu kombinieren. Es gibt mehrere Zugangswege zur Bank, die man optional wählen kann und die man möglichst redundanzfrei miteinander kombiniert.

Es gibt nach wie vor Dinge, die wir besser können als das Internet. Zum Beispiel im Kreditbereich. Es gibt 800 Förderprogramme in Deutschland. Sie werden es kaum alleine rausbekommen, was da das Beste für ihr Vorhaben ist. Selbst wir brauchen dafür Unterstützung, technische Unterstützung. Wir kennen nicht alle Förderbedingungen auswendig oder wissen genau, welche Förderprogramme kombinierbar sind oder auch nicht. Wir wissen aber, wie wir hier am besten vorgehen oder haben Experten in unserem Netzwerk. Hier ist die Kombination von Mensch und Technik der Erfolgsfaktor. Wenn ein Kunde der Meinung wäre, das ohne fachliche Unterstützung alleine hinzubekommen, halte ich das für aussichtslos.

Oder eine Baufinanzierung. Umfragen zufolge können sich 50 Prozent aller Menschen, und zwar in fast allen Altersgruppen, eine rein digitale Baufinanzierung vorstellen. Ich glaube – vielleicht liegt es an meinem Alter – die größte finanzielle Transaktion im Leben einer Privatperson einmal mit einem Baufinanzierungsspezialisten zu besprechen, ist eine ganz gute Sache. Aber bei Bedarf muss es eben perspektivisch für unsere Kundinnen und Kunden möglich sein. Wir haben zurzeit nicht das Gefühl, dass wir nur noch digital unterwegs sein müssen. Dann wären wir eine Direktbank und ehrlich gesagt vermutlich eine schlechte Kopie. Unsere Kundennähe ist unser Differenzierungsmerkmal und das versuchen wir gezielt zu nutzen.

Um das aber auch klarzustellen: Wenn sich Erwartungen ändern, haben wir uns als Dienstleister anzupassen. Ich halte es nicht für richtig, aus der Perspektive eines Älteren junge Menschen für andere Einstellungen oder Gewohnheiten zu kritisieren. Es ist besser, jüngeren Generationen zuzuhören und sich auf wandelnde Bedürfnisse auszurichten. Wir haben in unseren Strategieprozess zwei junge Leute eingebunden und nach deren Erwartungshaltung an eine moderne Bank gefragt. Anschließend haben wir überlegt, was das für unsere strategische Ausrichtung und die strategischen Maßnahmen bedeutet.

Ein konkretes Beispiel: Der 20-Jährige sagte: „Sie sind nur dann für mich relevant, wenn Sie jedes Produkt digital anbieten und der Prozess schlank und einfach ist“. Das haben wir uns zum Ziel gesetzt. Gefreut hat es uns, dass der 20-jährige aber ein anschließendes persönliches Gespräch nicht ausschließt.

Wie weit sind Sie auf dem Weg?

Kruse: Wir haben die Meinung der jungen Generation in alle strategischen Perspektiven einfließen lassen und „Digitalisierung“ als strategische Maßnahme definiert. Und wir versuchen in den nächsten Jahren alle Produkte auch komplett digital anzubieten, damit wir auch für junge Menschen relevant sind. Ich möchte aber ausdrücklich betonen, dass uns ältere Kundinnen und Kunden weiterhin ebenso wichtig sind und auch ihre Bedürfnisse unser Handeln bestimmen. So gibt es aktuell bei uns für jedes Produkt und jede Dienstleistung auch immer eine analoge Abschlussmöglichkeit. Für eine Regionalbank ist es durchaus ein Spagat, die Bedürfnisse aller Kunden gleichermaßen zu berücksichtigen.

Die Volksbank Bad Salzuflen setzt auf Kundennähe.

Welche Rolle spielt für junge Menschen die regionale Identität noch?

Kruse: Die junge Generation ist in meinen Augen sehr werteorientiert. Sie sind nachhaltig orientiert und sie mögen Gemeinschaft. Und genau das sind ja Dinge, die unserer genossenschaftlichen DNA entsprechen.

Man kann bei uns Mitglied werden und Genossenschaftsanteile zeichnen. Wir sind eben nicht gewinnmaximierend orientiert, handeln nachhaltig und haben in unserer Satzung einen Förderauftrag. Wir müssen aber noch lernen, die traditionellen Werte und damaligen Gründe zur Gründung von Genossenschaften in die heute Zeit zu übersetzen. Was sind die heutigen Anforderungen, die es besser in einer Gemeinschaft lösen lassen? Einer Umfrage zufolge sind es nicht nur finanzielle Orientierung, sondern der Zugang zu Wohnen und zu Pflegeplätzen sowie die Förderung von Mobilität. Wir sind dazu schon aktiv geworden und entwickeln gerade Ideen, wie auch solche Wünsche in unserem Netzwerk erfüllt werden können.

Schließlich ist die Kommunikation zu überdenken. Junge Menschen erreichen junge Menschen besser und anders, als wir es kennen. Wir planen für 2025 eine Kundenveranstaltung nur für junge Menschen. In der Vergangenheit hat der Vorstand alle Veranstaltungen eröffnet und die Gäste begrüßt. Aber ist das bei einer solchen Veranstaltung auch sinnvoll? Spreche ich wirklich die Sprache der jungen Menschen? Wenn ich das versuche oder noch schlimmer meine Authentizität aufgebe und jetzt auf jung mache, mir tolle Sneaker anziehe und mit einer zerrissenen Jeans auftrete, dann ich das garantiert der falsche Weg. Also sind hier eher unsere jüngeren Kolleginnen und Kollegen oder ein bekannter Influencer gefragt.

Die Kernbotschaft ist, dass wir unser Geschäftsmodell neu denken müssen, um für alle Altersgruppen gleichermaßen relevant zu sein und im Idealfall erste Wahl zu sein. Heute sind das für einige junge Menschen Trade Republic und das wollen wir ändern und beweisen, dass es sinnvoller ist, bei einer regionalen Genossenschaftsbank Kunde zu sein.

Was spricht gegen das Modell von Direktbanken?

Kruse: Grundsätzlich nichts. Ein Konto führen kann jeder, und solange nichts schiefläuft, funktioniert das wahrscheinlich sogar gut und günstig. Aber wenn es mal nicht Geradeaus läuft, komplexere Themen zu besprechen sind, während der Vertragslaufzeit familiäre, gesundheitliche oder wirtschaftliche Veränderungen eintreten, dann wird es aus meiner Sicht bei einer Direktbank schwierig. Wenn sich Kreditnehmer scheiden lassen oder ein Partner verstirbt, die finanziellen Verhältnisse neu geordnet werden müssen oder einfach nur Fragen bestehen, die sich nicht nachlesen lassen – bei uns ist das alles kein Problem. Sie treffen dann oft auf den gleichen Mitarbeiter, mit dem Sie vor zehn Jahren auch schon gesprochen haben und finden im persönlichen Gespräch eine individuelle Lösung. Und die Alternative bei einigen Direktbanken ist: Sie landen in einer Hotline, vielleicht sogar bei einem Chatbot und man wird ihnen im schlimmsten Fall sagen, dass ihr Vertrag solche Veränderungen nicht vorsieht. Erst dann merkt man, dass man die falsche Wahl getroffen hat, weil man bei Vertragsabschluss nur auf den Preis geachtet hat. Insbesondere junge Menschen sind sehr preisaffin. Das ist legitim und bei standardisierten, austauschbaren Leistungen nicht verkehrt. Preissensibilität ist mir auch sympathisch, aber bitte immer Preis und Leistung gleichermaßen abwägen.

Trotzdem werden wir auch darauf reagieren und künftig ein rein digitales Kontomodell anbieten, das noch preiswerter ist. Dann sind aber alle Leistungen dieses Kontos digital, das heißt natürlich keine beleghaften Überweisungen oder papierhaften Kontoauszüge mehr möglich.

Wie unterscheiden Sie sich in diesem Punkt dann noch von Trade Republic oder N26?

Kruse: In diesem Konto unterscheiden wir uns dann weniger. Trotzdem stehen Kunden, die dieses Kontomodell wählen, ebenso weiterhin unsere gesamte Infrastruktur und Mitarbeiter für komplexere Themen oder Beratungsgespräche zur Verfügung. Und das macht dann den Unterschied zwischen einer Direktbank und der regionalen Volksbank Bad Salzuflen.

Wie reagieren Sie auf die zunehmende Konkurrenz durch günstigere Anbieter, insbesondere im digitalen Bereich? Und wie stellen Sie sicher, dass Ihre Kunden sich dennoch für Sie entscheiden?

Kruse: Entscheidend ist letztlich, was ein Kunde von seiner Bank erwartet oder auch nicht.

Heute gibt es für uns mehr als einen Weg. Früher war die Geschäftsstelle der einzige Zugang zur Bank. Heute können Sie neben dem persönlichen Gespräch mit einem Kundenbetreuer zusätzlich in unserem Kontakt.Punkt alle Anliegen auch telefonisch erledigen, Sie können unsere Homepage besuchen, Sie können mit uns chatten, Sie können uns eine Mail schreiben, wir können per Teams gleichzeitig miteinander sprechen und Inhalte anschauen und nicht zuletzt können Sie unsere VR-BankingApp nutzen. Das Nachfrageverhalten hat sich in den letzten Jahren stark verändert und wird sich weiter verändern. Als Dienstleister möchten wir dort sein, wo unsere Kunden unterwegs sind und uns erwarten. Das Beste ist aber, dass wir im Vergleich zu einer Direktbank alle Wege gleichermaßen professionell anbieten und jeder Kunde die Volksbank Bad Salzuflen so nutzen kann, wie es in der jeweiligen Situation benötigt oder wünscht. Wir verstehen uns als Dienstleister und denken konsequent aus der Perspektive des Kunden.

Im Freundeskreis hat mir mal Jemand gesagt, dass er bei einer anderen Bank ist, weil diese billiger ist. Die Beziehung ist so stabil, dass ich es deutlich sagen konnte, ohne ihn persönlich zu verletzen. „Wenn du es ausschließlich billig haben möchtest, bist du bei den anderen genau richtig. Wenn du gute Qualität haben möchtest, dann geh lieber zu uns.“