Fleischwurst im Münsterland

Blues in der Diaspora: Augustin Upmann, Svetlana Svoroba und Heinz Weißenberg sind die Bullemänner. Foto: Christine Reuner
Blues in der Diaspora: Augustin Upmann, Svetlana Svoroba und Heinz Weißenberg sind die Bullemänner. Foto: Christine Reuner

Die Bullemänner waren zu Gast

Leopoldshöhe (cr). Als Intelligent, treu, zuverlässig mit harmonischem Körperbau gilt der Münsterländer, sofern es sich um einen Vorstehhund handelt. Wie sich der Vierbeinige vom Zweibeinigen unterscheidet, erlebte das zahlreich erschienene Publikum in der Aula der Felix-Fechenbach-Gesamtschule beim Auftritt der „Bullemänner“.

Das Ethnokabarett-Duo Augustin Upmann und Heinz Weißenberg ist komplettiert durch die weltweit einzige „Bullefrau“ Svetlana Svoroba. Seit etwa 25 Jahren setzt die Tastenfachkraft aus der Ukraine eigene musikalische Schwerpunkte im Programm.

Das war gespickt mit gegenseitigen Frotzeleien und in Richtung auf die Leopoldshöher, Leopoldshöherinnen, Asemisser und Asemisserinnen ließen Upmann und Weißenberg kein Fettnäpfchen aus und flüchteten sich in westfälisch-typische Komplimente, wie beispielsweise „nicht schlecht“. Nach eigenen Worten hat sich Svetlana während ihrer Jahre in Deutschland daran gewöhnen müssen, mit „solchen Leuten“ umzugehen.

Die AfD, deren Anhänger sich wünschen, dass „alle so wären wie sie“ blieb eine Randnotiz mit dem Verweis darauf, dass die „Bullemänner“ dann ihr hochgeschätztes weibliches Mitglied entbehren müssten. Stattdessen entwarfen die Münsterländer ein Schreckensszenario als Folge des Klimawandels am Beispiel ihrer Herkunftsregion. Wenn der Wasserspiegel des Atlantiks steigt, würden die Niederlande zuerst, gefolgt von Westfalen, überflutet. Einziger Fluchtpunkt sei dann der Kahle Asten. Dieser wäre jedoch bereits von Holländern besetzt . . .

Wohin es führt, wenn weite Teile des Alltags nur noch auf Profit ausgerichtet sind, wurde nachvollziehbar am Beispiel des One-Man-Sketchs Feuerwehr (Upmann). Der Anrufer beim Brandbekämpfer hatte es überraschend mit einer wortreichen Begrüßung unter Vermeidung des Begriffs Feuerwehr zu tun. Während der Grund des Notrufs, nämlich ein in Flammen stehender Adventskranz, sein volles Potenzial entfalten und das gesamte Gebäude in Brand setzen konnte, wurde die Kostenfrage vollumfänglich nach einem bürokratischen Schema ermittelt. Dieser Vorgang nahm so viel Zeit in Anspruch, dass sich die Brandursache mittlerweile von selbst erledigt hatte.

Dass der Westfale bei aller Drügheit auch schmelzende Liebeslieder über die Lippen bringt, zeigte Heinz Weißenberg am Beispiel seiner Angebeteten „Ursula“. Zum großen Vergnügen des Publikums zählte Svetlana die nahezu unendliche Vielfalt der Leberwurst-Sorten auf. Zum Bedauern der Migrantin bezieht sich diese lediglich auf das beliebte Fleischprodukt. Nicht zu vergessen, die Fleischwurst. In einer Ode huldigten Augustin Upmann und Svetlana Svoroba diesem Erzeugnis, das mit dem derzeit überstrapazierten Begriff „Heimat“ aus marketing-taktischen Erwägungen etikettiert ist.

Im Verlauf des Abends steuerte das Trio auch mit der Hähnchen-Hymne „Wings of Changing“ zu. Um ein Haar hätten die Lipper ihre Handytaschenlampen zur stimmungsvollen Illumination geschwenkt. Wie sich der Blues in der münsterländischen Diaspora durch den „Kartoffelfeld Blues“ wirkungsvoll entfaltet, präsentierte Heinz Weißenberg. Die ursprüngliche Melodie „Cotton Fields“ ist hier als Kotten zu verstehen. Die Musikalität des Trios, das zudem kreative Texte mit Wortwitz vortrug, rockte die Anwesenden zunehmend. Ostwestfälische Selbstbeherrschung war gefordert, um nicht völlig außer Rand und Band zu geraten.

„Es lebt sich einfach leichter, wenn der Blödsinnsmuskel trainiert bleibt“, schrieb kürzlich der bekannte Kolumnist Imre Grimm. Wie der lebhafte Schlussapplaus bewies, sahen die Besucher das genau so.

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