
Landwirt war viele Jahre ehrenamtlich tätig
Bechterdissen (ted). Nach dem lippischen Ehrenring im vergangenen Jahr hat Friedrich Westerheide nun auch das Bundesverdienstkreuz am Bande erhalten. Landrat Axel Lehmann überreichte ihm die Auszeichnung während eine Feierstunde im Gemeindehaus der evangelisch-reformierten Kirchengemeinde Asemissen-Bechterdissen.
Westerheide stammt aus Oerlinghausen. Sein Vater bewirtschafte Land dort, wo heute im Wesentlichen die Südstadt steht. Die Stadt übernahm das Land, Vater Westerheide bekam die ehemalige Domäne Dahlhausen angeboten. Zehn Jahre bewirtschaftete ein Pächter den Hof, dann übernahm ihn die Familie.
Sein Vater sei in Oerlinghausen und auch in Asemissen bekannt gewesen, sagt Friedrich Westerheide. Lange gehörten die Asemisser und Bechterdisser zur Kirchengemeinde Oerlinghausen. 1953 gründete die Landeskirche die Gemeinde Asemissen-Bechterdissen. Durch die Nachwirkungen des Zweiten Weltkrieges waren viele Geflüchtete und Vertriebene dort sesshaft geworden. Zehn Jahre später ließ die Gemeinde die Kirche an der Danziger Straße bauen. Bis dahin gingen die Asemisser und Bechterdisser nach Oerlinghausen in die Kirche oder hielten ihre Gottesdienste im Gemeindehaus ab.
Friedrich Westerheide absolvierte in Süddeutschland ein Studium zum Agraringenieur. Von dort brachte er 1978 seine Frau Elisabeth mit. Westerheide übernahm den Hof. „In der ersten Zeit sind wir immer nach Leopoldshöhe in die Kirche gegangen“, sagt Westerheide. Die ersten beiden Kinder sind dort getauft worden. Ihnen sei nicht klar gewesen, dass die Grenze zwischen den Kirchengemeinden Leopoldshöhe und Asemissen-Bechterdissen die Windwehe ist. Der Hof liegt direkt am südlichen Ufer der Windwehe, die Kirche Leopoldshöhe nördlich des Baches.
Nachdem die Westerheides ihren Irrtum bemerkt hatten, besuchten sie die Gottesdienste in Bechterdissen. Friedrich Westerheide fiel dem damaligen Pfarrer Arnold fiel auf. Der bat ihn 1988, für den Kirchenvorstand zu kandidieren. „Ich glaube, es gab damals eine Wahl“, sagt er. Das lippische Kirchenrecht sieht Wahlen vor, wenn es mehr Bewerber als freie Plätze im Kirchenvorstand gibt.
Ein gutes Jahr später fragte ihn der damalige Vorsitzende des Kirchenvorstandes Dieter Kastrup, ob er sich vorstellen könne, sein Nachfolger zu werden. „Nach Überlegungen mit meiner Frau und Gebeten zu Jesus habe ich zugestimmt“, sagt Westerheide. Auch, weil er wusste, dass in der Kirchengemeinde der Glaube auf der Grundlage des Glaubensbekenntnisses verkündet wurde „und wir in dieser Gemeinde Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen den Glauben an Jesus vermitteln wollen“. Westerheide sei zunächst nicht klar gewesen, dass mit dem Vorsitz auch die Geschäftsführung für die Diakoniestation verbunden ist.
Die war damals noch klein und erst kurz zuvor gegründet worden. Viele Jahrzehnte gab es in den evangelischen Kirchengemeinden Gemeindeschwestern. Es waren meistens Diakonissen, evangelische Frauen, die sich in einer Gemeinschaft zusammengeschlossen hatten, ehelos blieben und meist pflegerische order erzieherische Berufe gelernt hatten. Sie versorgten Alte, Kranke und Pflegebedürftige im jeweiligen Gemeindegebiet.
Die Kirchengemeinden Leopoldshöhe, Helpup, Asemissen-Bechterdissen und Oerlinghausen hatten die Diakoniestation gegründet, um ihren Mitarbeitenden bessere Arbeitsbedingungen zu bieten. Oerlinghausen stieg später aus. „Wir waren der Auffassung, dass die Angehörigen am Wochenende ihre Pflegebedürftigen versorgen sollten“, sagt Westerheide. Damit konnten die Mitarbeiter am Wochenende freimachen.
Später, nach Einführung der Pflegeversicherung, habe er darauf geachtet, dass die Mitarbeitenden der Diakoniestation sich die Zeit für die Patienten nahmen, die die Patienten und die Mitarbeitenden benötigen und nicht nur die Zeit, die der Medizinische Dienst vorgibt. „Natürlich haben die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen die Zeit bezahlt bekommen“, betont Westerheide.
Zu Beginn trafen sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur wöchentlichen Dienstbesprechung im Gemeindehaus. 1995 kam die Pflegeversicherung. Viel mehr Menschen als vorher hatten nun Anspruch auf pflegerische Leistungen. Der Kirchenvorstand beschloss einen Büroanbau. „Da war viel Platz“, sagt Westerheide. Heute seien die Räume überbevölkert. Zuvor hatte die Kirchengemeinde am Milanweg ein zweites Pfarrhaus für einen zweiten Pfarrer gebaut.
Auch in der zur Kirchengemeinde gehörenden Kindertagesstätte veränderte sich etwas. Eine Gruppe für Kinder unter drei Jahren sollte eingerichtet werden. Es fehlte der Platz. Ein Anbau musste her. Zuletzt richtete die Kirchengemeinde unter Westerheides Führung die Tagespflege Sonnenstunden ein. Die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kirchengemeinde in Diakonie, Kindertagesstätte und Gemeindebüro stieg auf heute rund 70.
Seit einigen Jahren gibt es in der Bechterdisser Kirche einen Raum für Familien mit kleinen Kindern. Die können so dem Gottesdienst folgen. Westerheide nennt den Raum „eine besondere Freude“ für ihn.
Westerheide begründet, warum die Kirchengemeinde diese Aufgaben übernimmt: „Jesus sagt: Lasset die Kinder zu mir kommen. Darum der Kindergarten. Jesus sagt: Was ihr einem meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan. Darum die Diakoniestation“.
Überall wirkte Westerheide mit. Zugleich hatte er seinen Hof zu führen. Er ließ einen Stall bauen, die Dächer der Hofgebäude decken, seine Frau baute den Dahlhauser Hofladen auf. Sieben Kinder bekamen die beiden. „Alles Wunschkinder“, betont Westerheide.
Westerheide verband sich mit benachbarten Landwirten. Die nahmen ihm einen Teil der Feldarbeit ab, das Spritzen. Eine Aufgabe, die mit viel terminlich präziser Arbeit und Fortbildung verbunden ist. Die Arbeit mit dem Mähdrescher teilten sich die Bauern auch. „Es war eine Fügung Gottes, dass die da waren“, sagt Westerheide mit Blick auf seine Berufskollegen.
Ein Ehepaar sei 1981 aus Südamerika zu ihnen auf den Hof gekommen. Die beiden hätten viel geholfen, berichtet Westerheide. Er bei allen Tätigkeiten, „die ich versäumt habe, weil ich wieder einmal bei der Kirche war“, sagt Westerheide, sie bei der früher sehr aufwändigen Grünkohlarbeit. Und auch die Kinder hätten, sobald sie konnten, mitgeholfen.
Daneben luden die Westerheides immer wieder Alleinstehende zu sich zum Mittagessen ein und brachten in Not geratene Menschen bei sich auf dem Hof unter, berichtete Landrat Lehmann in seiner Laudatio.
Während der Feierstunde nannte seine Tochter Rebecca den Geehrten einen „verkappten Sozialarbeiter“. Er sei ein richtig großes Vorbild für seine Kinder. Werner Wiebe, der Nachfolger im Amt des Kirchenvorstandsvorsitzenden Karl Siekermann und der ehemalige Pflegedienstleiter Willy Schmidt lobten Westerheides menschliche Fähigkeiten. „Du warst ein guter Leiter“, meinte Schmidt.