Saatgut aus der Bücherei

Die Gemüsebauern Sabine und Norbert Riewenherm (von links) sowie Bettina Bertling und Kerstin Koppmann von der Gemeindebücherei stellen das Projekt Saatgutbibliothek vor, mit dem alte Gemüsesorten bekannter gemacht werden sollen. Foto: Thomas Dohna
Die Gemüsebauern Sabine und Norbert Riewenherm (von links) sowie Bettina Bertling und Kerstin Koppmann von der Gemeindebücherei stellen das Projekt Saatgutbibliothek vor, mit dem alte Gemüsesorten bekannter gemacht werden sollen. Foto: Thomas Dohna

Unterstützung vom Gemüsehändler

Leopoldshöhe (ted). Die Idee kommt aus dem Norden. Eine schleswig-holsteinische Bibliothekarin verlieh Saatgut alter Gemüsesorten. Rathausmitarbeiter Tim Cornelsen sah einen Bericht darüber und erzählte davon der Leopoldshöher Büchereileiterin Kerstin Koppmann. Seitdem verleiht die Leopoldshöher Gemeindebücherei Saatgut.

„Ich war so inspiriert“, berichtet Koppmann. So sehr, dass sie diese Idee auch für die Leopoldshöher anbieten wollte. Sie nahm Kontakt zum VEN, dem Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt auf. Koppmann nahm an Videokonferenzen teil – mit Bibliotheken unter anderem aus Frankfurt und Hamburg und aus Dänemark.

Eine Art Club

Der VEN liefert das Saatgut sogenannter alter Sorten. Das wird in Tütchen für acht Monate ausgeliehen. Nach dieser Zeit hätte die Gemeindebücherei gern drei Tüten mit je zehn Saatgutkörnern zurück. Haben die Ausleiher Pech mit dem Saatgut und können nichts zurückgeben, wird die Gemeindebücherei keine Mahngebühren berechnen, sagt Koppmann. Die Ausleiher des Saatgutes benötigen nicht einmal einen Bibliotheksausweis.

Koppmann möchte das in einer Art Club wie dem Sommerleseclub organisieren. „Wenn die Nutzer ein Fachbuch zum Saatgut brauchen, können Sie das selbstverständlich ausleihen“, sagt Koppmann. Im vergangenen Jahr lief ein Probebetrieb. Zehn Nutzer nahmen teil, darunter die Kindertagesstätte Spatzennest in Asemissen. Es kam reichlich Saatgut zurück, sagt Koppmann.

Rat auf dem Wochenmarkt

Wer Rat und Tat von Menschen möchte, kann sich freitags auf dem Wochenmarkt an die Riewenherms wenden. Norbert und Sabine Riewenherm bauen in Verl selbst alte Sorten an und bieten sie – sofern gelungen – in ihrem Gemüsestand auf dem Wochenmarkt an. Bei manchen Sorten sei es gar nicht so einfach, die Kunden zu überzeugen, sagt Sabine Riewenherm. Es gebe eine Tomatensorte, die schmecke am besten, wenn sie schon ein bisschen weich ist, etwas, das sogenannte Hybrid-Sorten nicht sind.

Da gibt es Gurken, die kleiner sind oder gebogener als die Gurken im Laden, und lange nicht mehr gekannte Salatsorten.  „Das ist mein Hobby“, sagt Norbert Riewenherm. Man müsse für die alten Sorten einen langen Atem haben und Geduld, herausfinden, bei welchen Bedingungen das Gemüse gut wächst. Sauerampfer zum Beispiel. Der wächst als sogenanntes Unkraut an vielen Orten. Er kann zu Salat verarbeitet werden. Sauerampfer im Gewächshaus zu ziehen, sei aber gar nicht so einfach, sagt Norbert Riewenherm. Diese Erfahrung geben die Riewenherms gern an die Saatgut-Nutzer weiter.

Geduld und Liebe

„Ja, man braucht Geduld und Liebe“, bestätigt Kerstin Koppmann. Man werde aber durch den guten Geschmack der alten Sorten belohnt. Die Anleitungen auf den Saatguttütchen seien „toll“, sagt Norbert Riewenherm.

Angeboten werden Bohnen, Erbsen, Tomaten, Salat und die Gartenmelde. „Das ist der Vorläufer vom Spinat“, sagt Norbert Riewenherm. Der müsse früh geerntet werden und könne wie Spinat verarbeitet werden. Und er hat noch einem Tipp: „Immer die größte Pflanze stehen lassen.“ Denn die ergebe das kräftigste Saatgut. Und das soll ja zur Bücherei zurück.