Die Steine zum Tanzen bringen

Rabiye Kurnaz vs. George W. Bush

Rabiye Kurnaz vs. George W. Bush“ ist Komödie und Tragödie zugleich und erzählt eine wahre Geschichte am 17. April 2023 in Leos Kino

Murat Kurnaz ist nicht da. Seine Mutter Rabiye steht in ihrer Bremer Wohnung und klopft immer wieder an die Zimmertür ihres Sohnes. Was sie zu diesem Zeitpunkt nicht weiß: Murat ist unter skandalösen Umständen verhaftet worden und sitzt nun im Foltergefängnis von Guantanamo ein. Sein Martyrium wird fünf Jahre dauern.

Die wahre Geschichte von Murat Kurnaz ist im Kino schon einige Male erzählt worden, aber noch nie so unterhaltsam wie hier. Ein lustiger Film über Guantanamo? Das geht nur, weil sich Regisseur Andreas Dresen und seine Drehbuchautorin Laila Stieler voll auf Murats Mutter Rabiye und den Kampf um ihren Sohn konzentrieren. Murat Kurnaz selbst taucht im Film nur kurz auf, Szenen aus Guantanamo gibt es gar nicht.

Und hier kommt die zweite Hauptfigur ins Spiel: Nachdem Rabiye Kurnaz schon einige Zeit für die Freilassung ihres Sohnes gekämpft hat, lernt sie den Bremer Rechtsanwalt Bernhard Docke kennen. Aus dem ungleichen Paar wird ein unkonventionelles Team. Und der Anwalt hat eine zündende Idee: warum verklagt Rabiye Kurnaz nicht einfach den amerikanischen Präsidenten George W. Bush? Schon bald sitzen die Bremer Hausfrau und ihr ur-norddeutscher Anwalt im Flugzeug nach Washington.

Komik und Tragik liegen in diesem Film nahe beieinander. Immer wieder wird uns das furchtbare Schicksal der Familie Kurnaz vor Augen geführt, immer wieder sprühen aber auch die Funken, wenn Rabiye Kurnaz und Anwalt Docke den nächsten Schritt planen. Dass der Film nicht verharmlost und wir zugleich lachen und weinen können, liegt an den hervorragenden Hauptdarstellern: Alexander Scheer zeigt nach „Gundermann“ hier erneut eine Glanzleistung und Meltem Kaplan als besorgte Mutter ist eine einzige Wucht. Der Silberne Bär bei der Berlinale 2022 war die Belohnung.

„Rabiye Kurnaz vs. George W. Bush“ ist aber auch ein politischer Film. Sehr klar werden das Desinteresse und die mangelnde Unterstützung der damaligen Bundesregierung unter Gerhard Schröder, Kanzleramtsminister Frank-Walter Steinmeier und Außenminister Joschka Fischer thematisiert. Regisseur Dresen beschönigt nichts.

So wird „Rabiye Kurnaz vs. George W. Bush“ zu einem seltenen Glücksfall des deutschen Kinos. Ein Film, der auf vielen Ebenen funktioniert und lange nachhallt.  Andreas Dresen fasste es bei NDR Kultur treffend zusammen:

Und das, fand ich, ist etwas sehr Schönes, weil in unseren Zeiten es ja doch häufig so ist: Wir sitzen abends vor dem Fernseher, wir sehen die Nachrichten, wir sehen den Zustand unserer Welt. Dann sagt man sich schnell, ‚ach, kann eh nüscht machen, das ist ja alles so furchtbar.‘ Hier erzählen wir von einer Frau, die dagegen angeht und das schafft und sagt, ‚die Welt ist veränderbar, wir können etwas tun. Wir können, auch wenn wir uns ohnmächtig fühlen, die Steine zum Tanzen bringen‘.

Mehr kann ein Film nicht bieten.

Leos Kino zeigt „Rabiye Kurnaz vs. George W. Bush“ am 17. April um 19.30 Uhr im Familienzentrum Leos (Schulstraße 33).
Bitte reservieren Sie unbedingt Ihre Tickets unter leos-kino@gmx.de vor.
Der Eintritt beträgt 5 Euro.
Einlass ist um 19 Uhr.

Vorschau

Kann Afrika die Welt ernähren?

Der Waldmacher“ von Volker Schlöndorff zeigt ein verblüffendes Begrünungs-Projekt in Afrika / Leos Kino am 15. Mai

Tony Rinaudo lacht. 1981 versucht er im Niger mitten in der Wüste Bäume zu pflanzen. Der Plan des Agrarwissenschaftlers misslingt. Doch Jahre später kehrt Rinaudo an den Ort seines Misserfolgs zurück und findet ein verzweigtes Wurzelwerk. Rinaudo hat eine Idee: Wenn man den Wald wieder zum Leben erweckt, müsste er wachsen und gedeihen.

Mit dieser Einfall betreibt Rinaudo große Aufforstungsprojekte in ganz Afrika. Star-Regisseur Volker Schlöndorff hat Rinaudo begleitet und einen der schönsten Dokumentarfilme der letzten Jahre gedreht. „Der Waldmacher“ wirkt so rasant und unterhaltsam, als wäre es ein Spielfilm. Sehen Sie ein mitreißendes Porträt über einen zielstrebigen Mann, seine verblüffenden Erfolge und ein großes Stück Nachhaltigkeit.