Rassismus in Leopoldshöhe

Am Ortseingangsschild zum Ortsteil Asemissen hing dieses Holzkreuz. Seit einigen Jahren betreiben Rechtsextermisten mit diesen Kreuzen Propaganda auf den Schultern von Opfern von Gewalttaten. Foto: Privat
Am Ortseingangsschild zum Ortsteil Asemissen hing dieses Holzkreuz. Seit einigen Jahren betreiben Rechtsextermisten mit diesen Kreuzen Propaganda auf den Schultern von Opfern von Gewalttaten. Foto: Privat

Staatsschutz geht Hinweisen nach

Asemissen (ted). Zwei selbstgebaute Kreuze hingen an zwei Ortseingangsschildern in Asemissen. „Migration tötet“ stand darauf. Menschen, mit denen die Leopoldshöher Nachrichten über ihre Rassismuserfahrungen sprechen wollten, lehnten ab. Sie wollen nicht noch mehr Hassmails bekommen. Offenbar treiben Rassisten und Rechtsextremisten auch in Leopoldshöhe ihr Unwesen.

Eine Leserin hatte die Kreuze gesehen und sie der Gemeindeverwaltung gemeldet. Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung nahmen sie ab und brachten sie zur Polizei. Die übergab sie dem polizeilichen Staatsschutz in Bielefeld. Der ist für die Bekämpfung und Aufklärung politischer Straftaten in ganz Ostwestfalen-Lippe zuständig.

„Seit ich Leiter des Sachbereichs Ordnung bin, hat es so etwas nicht gegeben“, versichert Frank Sommer. Seit etwa vier Jahren leitet er diesen Bereich der Gemeindeverwaltung. Auch aus der Zeit davor sei ihm nichts bekannt, sagt er.

Keine Täterhinweise

Das Ermittlungsverfahren hinsichtlich des schwarzen Kreuzes mit der Aufschrift „Migration tötet“ werde beim Staatsschutz Bielefeld bearbeitet, schreibt die Pressestelle der Bielefelder Polizei auf Anfrage der Leopoldshöher Nachrichten. „Es gibt derzeit keine Täterhinweise.“ Nach Abschluss der Ermittlungen werde das Verfahren der Staatsanwaltschaft Detmold übergeben.

Seit einigen Jahren würden jedes Jahr Mitte Juli bundesweit durch Mitglieder der rechtsextremistischen Szene schwarze Holzkreuze aufgehängt. Die sollen an deutsche Opfer vermeintlicher Ausländergewalt erinnern, schreibt die Polizei. In diesem Jahr seien vier solcher Kreuze im Kreis Lippe festgestellt worden.

„So etwas brauchen wir hier nicht“

Eine andere Art politischer Straftat stellt die Verteidigung des russischen, völkerrechtswidrigen Angriffskriegs auf die Ukraine dar. Das dafür genutzte „Z“-Zeichen ist inzwischen verboten. „Wir hatten zu Beginn des Krieges zwei solche Symbole in Leopoldshöhe ausgemacht“, sagt Frank Sommer.

Insgesamt betrachtet seien die Zahlen der Graffitis mit den Z-Zeichen seit dem Beginn des Angriffskrieges zurückgegangen, schreibt die Polizei Bielefeld. Für den Kreis Lippe seien in diesem Jahr bisher 33 Fälle registriert worden. Die meisten befanden sich in Detmold, außerdem in Schlangen, Lage und Oerlinghausen. „So etwas brauchen wir hier nicht“, meint Sachbereichsleiter Sommer zu beiden Arten von Taten.

Persönliche Angriffe

Unter der Oberfläche scheinen rassistische und rechtsextreme Taten auch Leopoldshöher persönlich zu treffen. Anfragen bei Politikern, Menschen mit Migrationshintergrund und solchen, die sich in der Flüchtlingshilfe engagieren, nach ihren Erfahrungen mit solchen meist verbalen und schriftlichen Angriffen beantworteten die meisten Angesprochenen so: Es gebe das, man wolle das aber nicht öffentlich machen und auch nicht darüber reden, weil man befürchte, noch mehr drangsaliert zu werden.

Im Juli verbot die Polizei Lippe vier Männern aus Horn-Bad Meinberg und Detmold genehmigungsfreie Waffen zu besitzen. Laut Polizei handele es sich um Anhänger der rechtsextremen Szene. So ein Verbot sei möglich, wenn die Polizei die Betroffenen für unzuverlässig oder gefährlich für die Allgemeinheit hält.

Rechtsextremisten in Lippe

Nach Angaben der Polizei spricht die Polizei Verbote für den Besitz und den Erwerb erlaubnisfreier Waffen nur selten aus. Im April 2023 hatte die Polizei bei den Männern eine Vielzahl freiverkäuflicher Waffen sichergestellt.

Drei der vier Personen waren von der Polizei in Gewahrsam genommen worden, weil sie Widerstand geleistet haben sollen. Einer der Männer soll Beamte mit einem Messer bedroht haben. Die Polizei setzte nach eigenen Angaben Elektroschocker ein. Vier Menschen wurden bei dem Einsatz leicht verletzt.

Morddohungen gegen Bürgermeister

Drei der Männer sind Brüder. Die Staatsanwaltschaft sah bei den Männern eine “Neigung zu Gewalttaten und eine rechtsradikale Haltung”. Sie sind im Juni wegen schwerer Körperverletzung verurteilt worden. Sie haben dem Gericht zufolge einen Mann in Detmold niedergeschlagen. Sie sollen nach Angaben der Journalistin Andrea Röpke einer Familie aus Horn-Bad Meinberg mit völkischer Gesinnung angehören.

In Blomberg hat ein bekannter Rechtspopulist ein Haus erworben. Seither finden dort regelmäßig Treffen statt. Zuletzt hatten Teilnehmer eines dieser Treffen Mitarbeiter des Blomberger Ordnungsamtes so bedrängt, dass die sich genötigt sahen, die Polizei zu Hilfe zu rufen. Der Blomberger Bürgermeister Christoph Dolle hat Medienberichten zufolge Morddrohungen erhalten, nach dem er sich gegen den Kauf des Hauses durch den Rechtspopulisten ausgesprochen hat.

Leopoldshöhe war Hotspot

In Leopoldshöhe selbst leben mehrere bekannte Rechtsextremisten, die sich im Ort allerdings unauffällig verhalten. Bis vor gut zehn Jahren galten Leopoldshöhe und Oerlinghausen-Helpup als sogenannte Hotspots der rechtsextremistischen Szene in Lippe und ganz OWL. In der ehemaligen Tennishalle an der Industriestraße im Gewerbegebiet Greste feierten Rechtsextreme regelmäßig Feste und Konzerte, zuletzt 2012. Dabei waren auch Leopoldshöher Rechtsextreme aktiv.

Bei einer Veranstaltung der Lippischen Landeskirche im Juni in Detmold gab die seit vielen Jahren zur rechtsextremen Szene in Deutschland recherchierende Journalistin Röpke einen Hinweis, wie mit Rechtsextremen umgegangen werden sollte: „Hinschauen und die rechtsextremen Personen oder Organisationen klar benennen und problematisieren“, sagte Röpke. Wenn nicht darüber gesprochen werde, sei das ein falsches Signal und könne zur Folge haben, dass Rechtsextreme immer weiter akzeptiert werden. „Aber niemand sollte das allein tun, nur gemeinsam kann man dem Rechtstrend Einhalt gebieten“, riet Andrea Röpke.