
NABU Leopoldshöhe – Umweltinfo
Leopoldshöhe. Nachdem den ganzen Sommer über Rasenmäher gedröhnt, Kantenschneider gesirrt, Heckenscheren geknattert und Hochdruckreiniger gepfiffen haben, sind nun, im Herbst, Laubsauger und Laubbläser im Einsatz: Laut wie Preßlufthämmer, giftige Gase hinter sich lassend, schlürfen und verpusten die Maschinen das gefallene Blattwerk.
Heimgärtner und Hausmeister schwören auf die motorisierten Ruhestörer, denn die gelbrote Pracht gilt nur mehr als schmuddeliger Kehricht. Vor der eigenen Tür,auf dem Gehweg, muß Laub aus Sicherheitsgründen beseitigt werden – wenn jetzt dicke Blätterpakete vielerorts die Gullis verstopfen und den Abfluss der Regenmassen verhindern. Doch auch im Garten sind herbstliche Blätter nicht mehr geduldet. So sind, in Baumärkten und Gartencentern, zunehmend die großdimensionierten “Sauger” und “Bläser” gefragt – “eine intelligente Lösung”, wie der Werbetext verspricht. Sein bulliger Helfer namens Toro, von einem Viertaktmotor angetrieben, “räumt mit allem auf, was die Ästhethik Ihres Gartens beeinträchtigt. Das ganz Jahr über, am spürbarsten aber, wenn im Herbst die Blätter fallen”.
“Was die Leute im Urlaub suchen, ein bisschen romantische, wilde Natur, ist ihnen zu Hause ein Graus”, klagt Uwe Westphal vom NABU. Hinter dem eigenen Zaun, wo triste Waschbetonwege zu pflegeleichten Beeten führen und Zwergkoniferen den getrimmten Rasen rahmen, muss auch im Herbst Ordnung herrschen – was Millionen von Kleinlebewesen zum Verhängnis wird: Im Fangsack der Maschinen und danach in den Mülltonnen oder Müllsäcken enden nicht nur die bunten Blätter, sondern auch Marienkäfer, Regenwürmer, Frösche, Molche, Raupen, Falter und vielerlei Insektenlarven, die sich im und unterm Laub verborgen halten.
Dort, wo der Laubsauger im Einsatz war, werden im folgenden Frühjahr “Hunderte von Schmetterlingen nicht mehr schlüpfen”, so das Landesamt für Umwelt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV NRW). Das vernichtete Kleinzeug fehle überdies Meisen, Rotkehlchen und Heckenbraunellen als Nahrung, nach der sie gewohnheitsmäßig im Laub stochern: “Der pieksaubere Garten wird von Jahr zu Jahr ärmer an Arten.”

Die “unsinnigen Putzmanöver”, so gibt die Behörden zu bedenken, “hinterlassen Tote, Verletzte und Obdachlose”. Nützliche Säuger wie die Spitzmaus und der Igel, der sich regelrechte Laubkugeln baut, verlieren ihre Herberge.
Auch die Anwender selbst täten sich nichts Gutes, warnen unterdessen die Verbraucherzentralen: Die Abgase vor allem der mit Zweitaktmotoren betriebenen tragbaren Geräte verpesten die Luft, ihr hochfrequentes Geschrill verärgert die Nachbarn. Der Lärmpegel der Puster, die es auf Orkangeschwindigkeit (280 Stundenkilometer) bringen, ist gewaltig: die Stiftung Warentest empfahl deshalb, beim Laubputz Gehörschutz anzulegen.
Der NABU bemüht sich derweil, der “Verwüstung von Gärten und Parks durch Laubsauger” mit herbstlichen Aufklärungsaktionen zu begegnen. Laubfärbung und Blätterfall gehören, so der Naturschutzbund “zum perfekten Recycling, das die Natur in Abermillionen von Jahren entwickelt hat”. Wenn das Grün schwindet und vielerlei Rot -, Gelb – und Brauntöne sichtbar werden, “holt sich der Baum wertvolles Magnesium und Stickstoff aus den Blättern heraus”. Gleichzeitig zieht sich das Wasser aus den Blättern, den Ästen und dem Stamm zurück; so wird der Zerstörung der pflanzlichen Zellen durch Frost vorgebeugt.
Überdies schützt das gefallene Laub die Erde vor Austrocknung, Frost, Erosion und starken Regenfällen. Im Verborgenen warten rund 46 Regenwurmarten gemeinsam mit Asseln darauf, die Blätter allmählich in die Erde zu ziehen, zu zerlöchern und als Humus auszuscheiden – ein Prozess, der auch unter Rasenflächen funktioniert, wenn sie nicht allzu dick mit Laub belegt sind.
Wenn die Würmer aktiv waren, können Bakterien und Pilze ihr Werk verrichten, das die Fruchtbarkeit des Bodens erhält: Von den Mikroorganismen werden die vorgekauten Reste in Nähr- und Mineralstoffe umgesetzt – ein Kreislauf, wie er sich auch im Komposthaufen vollzieht.
Dorthin gehört, mitsamt anderen Gartenabfällen, Laub, das nicht liegenbleiben darf. Säckeweise künstliche Düngemittel muss indessen herumschleppen, wer mit Saug – und Pustegerät den Boden steril fegt und ihn auf diese Weise versauern lässt. Zumindest unter Bäume und Sträucher solle das Laub gekehrt werden, wenn es andernorts im Garten nicht geduldet wird, rät der NABU – “dann aber auf schonende Weise mit der guten alten Harke”.



