Wie Berlin wurde, was es ist

Leos Kino-Aktiver Ulrich Schumann weist auf gute Filme hin. Foto: Edeltraud Dombert/Montage: Thomas Dohna
Leos Kino-Aktiver Ulrich Schumann weist auf gute Filme hin. Foto: Edeltraud Dombert/Montage: Thomas Dohna

„Capital B – Wem gehört Berlin“

Die Doku-Serie „Capital B – Wem gehört Berlin?“in der ARTE-Mediathek erzählt die Geschichte Berlins ab 1990 in epischer Breite und großem Spannungsbogen / ein Filmtipp von Leos Kino

Von Ulrich Schumann

Die Idee ist so einfach wie genial: viele Male wurde die Geschichte Berlins schon in Filmen und Dokumentationen betrachtet. Diese Geschichten enden dann meistens 1989 mit dem Mauerfall. Für die atemberaubende Doku-Serie „Capital B – Wem gehört Berlin?“ ist das aber der Anfang. In epischer Breite erzählt Florian Opitz die Geschichte der Stadt von 1990 bis heute. Beeindruckend, wozu der viel gescholtene öffentlich-rechtliche Rundfunk doch noch in der Lage ist.

Vor allem in den ersten beiden Folgen der fünfteiligen Reihe möchte man ständig die Pausetaste auf der Fernbedienung drücken. Wir kennen Bilder von Ost-Berlin vor dem Mauerfall, aber wie sah es dort in den frühen 1990ern aus? Florian Opitz und seinem Team ist es in einer beeindruckenden Recherche-Arbeit gelungen, viele Bilder aus dieser Zeit zu finden.

Die Bilder allein erzählen bereits die Situation einer Stadt, die sich nach dem Mauerfall in einer historisch einmaligen Situation befindet: wie fügt man die beiden Hälften Berlins wieder zusammen? Kann und will man das Bestehende nutzen? Wird daraus eine Metropole werden wie einst?

Im Sommer nach dem Mauerfall scheint alles möglich zu sein. In der ersten Folge von „Capital B – Wem gehört Berlin?“ erzählen ehemalige Hausbesetzer von einer explosiensartigen Kreativität, die sich in leerstehenden Ost-Berliner Ruinen Bahn bricht. Doch die Stadt wird einen anderen Weg nehmen: auf den „Sommer der Anarchie“ folgt der „Größenwahn“, der „Absturz“, der Slogan „Arm, aber sexy!“ sowie „Die Stadt als Beute“ – die Titel der einzelnen Folgen fassen die Entwicklung der Stadt zusammen.

Florian Opitz gelingt es dabei, Zusammenhänge herzustellen. Einerseits werden zwischen verschiedenen historischen Ereignissen Kausalitäten aufgezeigt, andererseits wird die Geschichte Berlins auf vielen verschiedenen Ebenen nachvollzogen. In den fünf Folgen äußern sich nicht nur ehemalige Bürgermeister, sondern auch Musiker wie Kool Savas oder Peter Fox, Clan-Mitglieder, Szenegrößen wie Dimitri Hegemann und Journalisten wie Alexander Osang oder Marion Brasch.

„Capital B – Wem gehört Berlin?“ muss sich dabei schon den Vorwurf gefallen lassen, politisch nicht ausgewogen zu sein. Doch auch das passt letztlich zu Berlin und seiner Entwicklung. Zuschauende sind aufgefordert, darüber dann auch ins Gespräch und miteinander in die Diskussion zu kommen. „Capital B – Wem gehört Berlin?“ wirkt nach.

Sechs Jahre hat die Arbeit an dieser Reihe gedauert. Man merkt den einzelnen Folgen an, wie gründlich gearbeitet wurde, wie raffiniert montiert wurde und wie intensiv sich das Team mit der Geschichte der Stadt auseinandergesetzt hat. „Capital B – Wem gehört Berlin?“ fesselt von Beginn an und bietet neben Information und Kommentar auch ein Stück anspruchsvolle Unterhaltung. Fernsehen macht eben doch nicht immer dumm!

„Capital B – Wem gehört Berlin?“ ist bis zum 1.Oktober 2025 in der Mediathek des Senders ARTE unter diesem Link kostenlos abrufbar: https://www.arte.tv/de/videos/RC-024312/capital-b/