Indisches Kino, fernab von Bollywood
Von Ulrich Schumann
„All We Imagine As Light” – der Gewinner des Festivals in Cannes ab 19. Dezember 2024 im Kino / ein Filmtipp von Leos Kino
Es ist ein Widerspruch: einerseits hat Indien die größte Filmproduktion der Welt, andererseits erreichen uns nur selten indische Produktionen. Und auf den Festivals ist Indien so gut wie gar nicht vertreten. Jetzt kommt die preisgekrönte Produktion „All We Imagine As Light“ in die deutschen Kinos. Sie hat gleich mal einen Hauptpreis beim Festival in Cannes gewonnen.
Wer an Kino aus Indien denkt, erwartet Musik, Tanz, Romantik und grellbunte Farben. „All We Imagine As Light“ bietet Vieles, aber all das eben Genannte bestimmt nicht. Wir sind in der 20-Millionen-Metropole Mumbai, hier grau und überfüllt, es regnet die ganze Zeit. Die Krankenschwester Prabha und Anu teilen sich aufgrund hoher Mieten eine Wohnung.
Prabhas Ehemann lebt in Deutschland, es besteht kein Kontakt mehr zwischen den Ehepartnern. Gerade als sich Prabha neu verliebt, taucht ein Reiskocher „Made In Germany“ auf, offensichtlich ein Lebenszeichen des Ehemanns. Prabha ist zwischen alter und neuer Liebe hin- und hergerissen.
Anu hingegen ist frisch verliebt in Shiaz, der Muslim ist, was in Anus Familie nicht gern gesehen ist. Sie finden in der überfüllten, chaotischen Stadt keinen Ort, an dem sie ihre Ruhe haben.
Unfassbar präzise und nahezu dokumentarisch widmet sich Regisseurin Payal Kapadia dem Thema Einsamkeit und Großstadt. Anu und Prabha sind ein Spiegelbild der indischen Gesellschaft. Ihre Probleme sind die Probleme vieler.
„All We Imagine As Light“ ist dabei wunderschön anzuschauen. Der Film lässt genügend Platz für Lichtblicke und ist auch ein Film über die Solidarität von Frauen.
In der trubeligen Vorweihnachtszeit kann „All We Imagine As Light“ einen Kontrapunkt setzen und bietet einen zweistündigen tiefen Einblick in eine uns oft fremde Welt. Absolut sehenswert!
Der Trailer zum Film: https://www.dailymotion.com/video