Leos Kino Filmtipp

Leos Kino-Aktiver Ulrich Schumann weist auf gute Filme hin. Foto: Edeltraud Dombert/Montage: Thomas Dohna
Leos Kino-Aktiver Ulrich Schumann weist auf gute Filme hin. Foto: Edeltraud Dombert/Montage: Thomas Dohna

Wer ist hier das Monster?

Von Ulrich Schumann

Albtraumhaft-schön: „Das Mädchen mit der Nadel“ – ein Märchen für Erwachsene ab 09.01. im Kino / ein Filmtipp von Leos Kino

Können Historienfilme aktuell sein? Und wie! Magnus von Horn und sein Superstar Trine Dyrholm stellen das in „Das Mädchen mit der Nadel“ eindrucksvoll unter Beweis. Es geht um den Kampf von benachteiligten Frauen, menschliche und soziale Abgründe und die Folgen eines brutalen Krieges, den hinterher keiner gewollt hat. Das Ergebnis: zwei düstere Stunden Film, die begeistern – aber auch nachwirken.

Im Jahr 1919 ist Karoline (Victoria Carmen Sonne) am Ende. Ihr Mann ist im Krieg verschollen, Karoline wird von ihrem Chef geschwängert und daraufhin entlassen. Im Augenblick der höchsten Not lernt sie Dagmar (Trine Dyrholm) kennen. Dagmar verspricht Karoline, sich um das Kind nach der Geburt zu kümmern und es an eine reiche Familie zu vermitteln. Karoline darf sogar in Dagmars Süßwaren-Laden arbeiten. Aber Dagmar hat ein schlimmes Geheimnis.

Getarnt als finsterer Kriminalfilm mit Horror-Elementen liefert uns Magnus von Horn ein faszinierendes Sittengemälde der Gesellschaft am Ende des Ersten Weltkriegs. Der Regisseur selbst sieht den Film als „Märchen für Erwachsene“. Es gebe eine arme Frau auf einem Dachboden, einen Prinzen auf einem weißen Pferd, der sich als feige entpuppt, ein Monster ohne Gesicht und eine Hexe in einem Süßwarengeschäft. Hinter allem steckt die Frage, wie wir mit „unerwünschten“ Personen umgehen. Damals wie heute.

Mit vielen Anleihen beim expressionistischen Stummfilm und fabelhaften Darstellerleistungen unterstreicht der Film diese Absicht. Die Schwarz-Weiß-Produktion irritiert immer wieder durch Unvorhergesehenes und durch albtraumhaft-schöne Bilder.

„Das Mädchen mit der Nadel“ gewann den Hauptpreis der Festivals in Hamburg und Torun, war bei den Nordischen Filmtagen Lübeck zu sehen und ist mittlerweile Dänemarks Oscar-Kandidat 2024/2025.

Die wie immer großartige Trine Dyrholm spielt – ähnlich wie in „Königin“ – eine undurchsichtige Frau, die zu allem bereit ist, und am Ende doch von der Gesellschaft zum Ungeheuer geformt wurde. Wer ist hier das wahre Monster?

„Das Mädchen mit der Nadel“ läuft ab 09.01.2025 in den deutschen Kinos. Der Film wird wenig später bei der Streaming-Plattform MUBI zu sehen sein.

Sehen Sie hier den Trailer zum Film: https://www.youtube.com/watch?v=YnjLk_TyM8s

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