
“Wunsch nach Veränderung”
Debattenbeiträge geben die Meinung des Autors wieder.
Von Peter Ueding
In der Wahlnachlese zur Bundestagswahl mit ihrem herausfordernden Ergebnis auch in Leopoldshöhe ist mir ein Satz besonders aufgefallen: „Unsere demokratischen lokalen Politiker sollten sich die Dinge einmal durch den Kopf gehen lassen“.
Sich Dinge durch den Kopf gehen lassen ist immer gut. Aber es reicht überhaupt nicht, das in diesem Fall an ein paar lokale Politiker zu delegieren. Demokratie, das sind nicht unsere Mandatsträger, das sind wir alle selbst. Und sie ist gefährdet, denn Ziel rechtsextremer Kräfte ist es, sie abzuschaffen. In den USA kann man gerade gut beobachten, dass Rechtsstaat, Verträge und Menschenrechte nichts mehr gelten und wie Anstand und Vertrauen den Bach hinunter gehen.
Es gibt in Leopoldshöhe Wahlkreise, in denen die AfD von circa einem Drittel der Wahlberechtigten gewählt wurde. Das drückt sehr deutlich den Wunsch nach Veränderung aus. Die Führung der AfD macht auch sehr klar, wohin es gehen soll. Diese Richtung gefällt mir gar nicht. Man mag zum Beispiel die Aussage der AfD „Wir reißen alle Windkraftwerke nieder“ für nicht wesentlich halten, aber sie ist natürlich eine Grenzüberschreitung, denn der Rechtsstaat würde gleich mit abgerissen werden. Erst kommen die gewalttätigen Sprüche, dann kommt die Gewalt selbst. Das ist nicht nur beim Islamischen Staat so.
Zwei Drittel dagegen
Wenn ein Drittel die AfD wählt, dann haben zwei Drittel das nicht getan. Letzteres ist eine sehr große Mehrheit, beruhigen kann sie mich aber nicht. Zehn Prozent gibt es ja von fast allem: zehn Prozent besonders Reiche, zehn Prozent besonders Arme, zehn Prozent sehr Begabte, zehn Prozent ohne Schulabschluss…
Aber das Dreifache vom Erwartbaren erklärt sich nicht von selbst. Augustdorf, Lage, Espelkamp, in der Presse wird über den Beitrag spekuliert, den Deutsche mit russischem Migrationshintergrund zum Ergebnis der AfD beitragen. In der Regel meines Erachtens sehr fleißige Leute, die sich viel aufgebaut haben.
Dabei hat ihnen nicht nur der Zusammenhalt geholfen, sondern auch, dass viele ihrer Altvorderen im Sozialstaat Deutschland Rente bezogen haben, obwohl sie nie darauf eingezahlt haben. Warum dann eine Partei wählen, die sich an den Bürgergeldempfängern abarbeitet? Warum kein Geld ausgeben wollen für die Ukraine in ihrem Kampf gegen den völkerrechtswidrigen Angriff? Warum Despoten wie Putin anhimmeln und die Demokratie schlecht reden?
Aufschlussreich fand ich die Bemerkung, dass der Wahl-o-mat vielen AfD-Wählern die Linke empfohlen hat, weil die ihrem Interesse an mehr sozialer und wirtschaftlicher Gerechtigkeit näher ist als die rechtsextremistische Partei.