Gegen das Vergessen

Thomas Friebertshäuser, Leiter der Felix-Fechenbach-Gesamtschule (von links), Bürgermeister Martin Hoffmann, die Vorsitzende des FrauenRates NRW Murielle Guéguen und die Gleichstellungsbeauftragte der Gemeinde Leopoldshöhe Grita Behrens haben die beiden Gedenktafeln für Ilse Häfner-Mode und Dora Hohlfeld enthüllt. Foto: Edeltraud Dombert

Zwei FrauenOrte auf dem Bildungscampus eingeweiht

Leopoldshöhe (ED). Das musikalische Willkommen von Claudia Albri und ihrem Akkordeon nahm die Gäste gleich zu Beginn der Veranstaltung mit auf eine Zeitreise in die Anfänge des vergangenen Jahrhunderts. Eine gelungene Einstimmung auf die feierliche Eröffnung der zwei FrauenOrte auf dem Bildungscampus. Geehrt wurden die Malerin Ilse Häfner-Mode und die Schriftstellerin Dora Hohlfeld.

Bei einer Kick-Off-Veranstaltung am 29. März 2023 rief das Land das Projekt FrauenOrte in NRW ins Leben. Es steht unter der Schirmherrschaft von Josefine Paul, Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein- Westfalen. Sie übernahm die Projektidee aus Niedersachsen. Dort eröffnete der Landesfrauenrat Niedersachsen mit der Initiative FrauenOrte Niedersachsen neue Wege im Kulturtourismus. Das Land möchte nun auch in NRW dieses Projekt auf den Weg bringen, um die Sichtbarmachung historischer Frauenpersönlichkeiten zu unterstützen und ihr Wirken in der Geschichte Nordrhein-Westfalens zu würdigen.

Ilse Häfner-Mode, geboren 1902 in der Nähe von Posen im jetzigen Polen, heiratete in Berlin, wo sie an der Hochschule für Bildende Künste studierte, ihren Studienfreund Herbert Häfner. Die erfolgreiche Künstlerin wurde vom Naziregime mit einem Mal- und Ausstellungsverbot belegt und fand, nachdem ihre Wohnung ausgebombt worden war, in Leopoldshöhe bei der Familie ihres Mannes ab 1942 Zuflucht. Einige Monate, von 1944 bis 1945, verbrachte sie in einem Arbeitslager, um dann nach Leopoldshöhe zurückzukehren. Im Jahr 1955 zog sie zu ihrem Sohn nach Düsseldorf, wo sie 1973 verstarb.

Während ihrer Zeit in Leopoldshöhe porträtierte sie viele Leopoldshöherinnen und bemalte Alltagsgegenstände wie Truhen und Kisten, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Sie galt als besessene Malerin mit den Schwerpunkten Akt- und Portraitmalerei. Replikate ihrer Bilder „Winter in Leopoldshöhe“ und „Selbstbildnis mit Pfeife“ hängen im Rathaus. Ihr äußeres Erscheinungsbild passte eher in die Großstadt und war für viele Leopoldshöher gewöhnungsbedürftig: Sie hatte die Haare kurz geschnitten, trug Hosen und rauchte Pfeife.

Die Schriftstellerin Dora Hohlfeld war eine geborene Tenge, wurde auf Gut Niederbarkhausen geboren und lebte von 1860 bis 1931. Sie war in zweiter Ehe mit dem Maler Bruno Hohlfeld verheiratet. In ihren Romanen beleuchtete sie hintergründig die gesellschaftlichen Strukturen der damaligen Zeit um die Jahrhundertwende und setzte sich mit der Abschaffung der Ehe und den Bildungsmöglichkeiten und Lebenschancen von Frauen auseinander. Sie war als Schriftstellerin anerkannt, zeitgenössische Kritiker nannten ihren Namen im gleichen Atemzug mit Annette von Droste-Hülshoff. Dora Hohlfeld lebte in Rietberg, London und Salzburg.

Grita Behrens, Gleichstellungsbeauftragte der Gemeinde Leopoldshöhe lauscht gemeinsam mit den Gästen zu Beginn der Veranstaltung dem Akkordeon von Claudia Albri. Foto: Edeltraud Dombert
Grita Behrens, Gleichstellungsbeauftragte der Gemeinde Leopoldshöhe lauscht gemeinsam mit den Gästen zu Beginn der Veranstaltung dem Akkordeon von Claudia Albri. Foto: Edeltraud Dombert

Grita Behrens, Gleichstellungsbeauftragte der Gemeinde Leopoldshöhe hatte die von ihrer Vorgängerin angestoßene Recherche zu Ilse Häfner-Mode fortgeführt und mit Dora Hohlfeld als zweiter Leopoldshöherin als Vorschlag bei den FrauenOrten NRW eingereicht. Im September 2023 erhielt sie die Zusage, dass die beiden Leopoldshöherinnen für würdig befunden worden waren. Nun, knapp zwei Jahre später, wurden die Gedenktafeln für die beiden Frauen feierlich enthüllt.

In Ihrer Begrüßung bedankte sich Grita Behrens bei allen Helferinnen und Helfern für die Unterstützung. Ihr besonderer Gruß galt den Ehrengästen der Familien Häfner und Tenge. Inzwischen, so sagte sie, sei man auch über die Leopoldshöher Grenzen hinaus aufmerksam geworden: Eine Anfrage aus den USA habe es zu Ilse Häfner-Mode gegeben und in einem Uniprojekt soll zu Dora Hohlfeld geforscht werden.

Bürgermeister Martin Hoffmann dankte Grita Behrens für ihren Einsatz mit den Worten: „ Für ein kleines Dorf wie Leopoldshöhe ist das großes Tennis.“ Mit dem Campusgelände sei ein guter Ort für die Gedenktafeln gefunden worden, um den beiden Frauen gerecht zu werden und zugleich Anstoss für die jungen Menschen zu sein: „Es lohnt sich, für seine Träume einzustehen.“

Murielle Guéguen, die Vorsitzende des Frauenrates NRW betonte, in „Zeiten, in denen Werte unter Druck geraten…, braucht es Orte wie diese. FrauenOrte NRW wollen inspirieren und sichtbar machen..“ Mut, Widerstandskraft und die Bereitschaft, Haltung zu zeigen, kennzeichne die geehrten Frauen.

Anja Toppmöller, Vorsitzende der Frauenunion Lippe, sieht die FrauenOrte als Impuls gegen das Vergessen und gegen das Verschweigen weiblicher Geschichte.

Das Abschlusslied wurde im Sinne der beiden geehrten Frauen ausgesucht: „Geh aus, mein Herz und suche Freud…“ und viele der Anwesenden sangen mit.

Information zu den FrauenOrten

Mittlerweile gibt es in NRW 52 FrauenOrte verteilt über das gesamte Bundesland. Eine interaktive Landkarte und eine Gesamtliste gibt es auf der Website FrauenOrte. Es finden sich hier auch Biografien zu den einzelnen geehrten Frauen und eine Übersicht über FrauenOrte in anderen Bundesländern.

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