Leos Kino Filmtipp

Leos Kino-Aktiver Ulrich Schumann weist auf gute Filme hin. Foto: Edeltraud Dombert/Montage: Thomas Dohna
Leos Kino-Aktiver Ulrich Schumann weist auf gute Filme hin. Foto: Edeltraud Dombert/Montage: Thomas Dohna

Serien aus dem wilden Osten

Von Ulrich Schumann

Von Marzahn bis Riga über das polnische Ermland – Serien aus dem Osten bringen im Sommer richtig Spaß / Tipps von Leos Kino

Ist das goldene Zeitalter der Serien wirklich vorbei? Auf gar keinen Fall! Östlich von Leopoldshöhe geht es gerade erst los mit kreativen, lustigen und originellen neuen Serien. Leos Kino stellt drei Musterexemplare vor – für heiße Sommertage, laue Abende oder lange Fahrten in den Urlaub.

„Soviet Jeans“ (Lettland 2024), in der arte-Mediathek bis April 2026

Riga 1979: nichts ist bei der lettischen Jugend so begehrt wie echte amerikanische Blue Jeans. Renars Rubenis (genial: Karlis Arnolds Avots), der als Kostümbildner an einem Rigaer Theater arbeitet, schwatzt Touristen ihre Jeans sogar am Flughafen ab. Die sowjetische Staatssicherheit steckt Renars zur Strafe in eine Nervenheilanstalt, doch genau das ist Renars Plan: er funktioniert das Krankenhaus zu einer großen Produktionsstätte für Blue Jeans um…

Kaum eine Serie der letzten Jahre ist so durchdacht und stringent, so witzig und klug, so romantisch und politisch, so tiefgängig und doch leicht wie „Soviet Jeans“. Mit sehr viel Herzblut fängt das lettische Team die typische Stimmung des sowjetisch besetzten Lettlands der 1970er ein und transportiert diese locker in das 21. Jahrhundert. Die Serie war europaweit ein großer Festivalhit.

In Riga planen sie bereits die zweite Staffel. Sie soll in Berlin 1988 spielen. Wir können es nicht erwarten…!

Direkt zur Serie: https://www.arte.tv/de/videos/RC-026503/sowjet-jeans/

„Project U.F.O.“ (Polen 2024), Netflix

Nochmal Kommunismus, nochmal Historie: im polnischen Ermland häufen sich in den 1980ern angebliche UFO-Sichtungen. Zbiegniew Sokolik ist begeistert. Er glaubt selbst an die Existenz Außerirdischer und fühlt sich bestätigt. Bei TV-Produzent Jan Polgar findet Zbiegniew offene Ohren, doch als dieser seine Theorien in einer Fernsehshow äußert, bleibt nur Häme und Spott. Aber einige Wenige scheinen Zbiegniew zu glauben. Warum nur?

„Project U.F.O.“ interessiert sich mehr für Menschen als für Aliens. Ungewöhnlich für Netflix: in nur vier Folgen erzählt die Serie pointiert, warum der Kommunismus in Polen nur scheitern konnte.

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=Div1V5qTkXY

„Marzahn, mon amour“ (Deutschland 2025), ARD-Mediathek

Es bleibt das große Geheimnis der ARD, warum sie viele gute Serien produziert, diese aber meistens versteckt werden und unbekannt bleiben. So geht es auch „Marzahn, mon amour“: im TV in der Nacht versendet, fristet die Serie nun ein freudloses Dasein in der ARD-Mediathek.

Mitten in der Plattenbausiedlung betreibt Jenny einen Fußpflegesalon. Kathi ist neu im Team, Lulu die gute Seele des Salons. Zu dritt pflegen sie die Füße von ganz unterschiedlichen Menschen in der Plattenbausiedlung – und genau das macht die Serie aus: hier geht es um Diversität. Viele Personengruppen, die im deutschen Fernsehen unterrepräsentiert sind, lassen sich hier die Füße machen: Frauen über 40, Ostdeutsche, Senioren und viele mehr erzählen aus ihrem Leben.

In sechs kurzen Folgen wird hier Hornhaut gehobelt, manchmal mit Happyend, manchmal mit eingewachsenem Zehennagel – und doch immer mit Herz. Jenny, Kathi und Lulu haben nicht immer eine Lösung, aber stets eine Antwort. Diversität und große Klappe aus Marzahn – einem Ort, der vielleicht doch der schönste der Welt ist. Herrlich!

Direkt zur Serie: https://www.ardmediathek.de/serie/marzahn-mon-amour/staffel-1/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLmRlL21hcnphaG4tbW9uLWFtb3Vy/1

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