
„Nicht akzeptable Verhaltensweisen“
Leopoldshöhe (ted). Die Wählervereinigung PUB (Parteilose unabhängige Bürgervereinigung) hat ihren stellvertretenden Vorsitzenden Martin Betge ausgeschlossen. Als Grund gibt der Vorstand der PUB eine Vielzahl von nicht akzeptablen Verhaltens- und Handlungsweisen an, „die der PUB sowohl nach innen wie auch nach außen erheblich schaden konnten“.
Betge hatte am Donnerstag, 16. Oktober 2025, gegen 23 Uhr eine Pressemitteilung verschickt, in der er behauptete, die Mitglieder der zukünftigen PUB-Fraktion im Gemeinderat Sven Meier zu Evenhausen, Dagmar Beermann und der ehemalige Bürgermeister-Kandidat Frank Elbrächter hätten Fraktion und Wählervereinigung verlassen. Dem widerspricht der Vorstand der PUB per Pressemitteilung.
Der Vorstand PUB habe nach reiflicher Überlegung am 29. September 2025 seinen stellvertretenden Vorsitzenden Martin Betge aus der PUB ausgeschlossen. Dem Vorstand gehörten bis dahin neben Betge Ulrich Meier zu Evenhausen als Vorsitzender sowie Sven Meier zu Evenhausen als Kassenwart an. Laut Satzung der PUB darf der Vorstand mit Mehrheit ein Mitglied aus der PUB ausschließen. Das Mitglied darf dagegen Einspruch erheben. Über den entscheidet die Mitgliederversammlung. Die kann mit zwei Dritteln der Stimmen den Vorstandsbeschluss aufheben.
Eine Vielzahl von nicht akzeptablen Verhaltens- und Handlungsweisen Betges hätten diesen Beschluss alternativlos werden lassen, schreibt der Vorstand der PUB.
Eigene Interessen
Die PUB sei 2025 zur Kommunalwahl in Leopoldshöhe angetreten, um sich für konkrete Ziele einzusetzen, heißt es in der Mitteilung. Hierzu zählten der Umgang mit den Bürgern, die Haushaltslage, die Forderung nach einem Mindestabstand für Windkrafträder und noch einige andere Themen. „Wir haben viel Zeit und Energie darauf verwendet, uns in diese Themen einzuarbeiten und mit den Bürgern den Dialog zu suchen“, heißt es in der Mitteilung.
Leider habe der Vorstand immer wieder festgestellt, dass für Betge die Arbeit an diesen Themen und die Bürgerinteressen nicht im Vordergrund gestanden habe. Vielmehr habe er vornehmlich eigene Interessen. Diese hätten einerseits in einem persönlichen Rachefeldzug gegen den amtierenden Bürgermeister Martin Hoffmann und andererseits in dem Wunsch, die größtmögliche Machtposition sowohl innerhalb der PUB als auch im Rat zu erlangen, bestanden, heißt es in der Mitteilung.
Intrigen?
Betge habe Personen aus seinem Patienten- und Freundeskreis in die PUB eingebracht, „deren wesentlicher Zweck nicht in der politischen Arbeit bestand, sondern ihm als Marionetten dienen sollten“, heißt es in der Mitteilung. Die Zusammenarbeit mit Betge sei von Anfang an durch Alleingänge, Intrigen und der Diffamierung der Vorstandskollegen sowie ihm nicht gewogener Mitglieder geprägt.
Betge habe WhatsApp-Gruppen mit „seinen Mitgliedern” gegründet, wie es in der Mitteilung heißt, die dazu gedient haben sollen, über andere Personen zu lästern. Das habe in zwei Intrigen gemündet, die er gegen den Vorstandsvorsitzenden und in einem Fall gegen den Bürgermeisterkandidaten angezettelt haben soll, wie es in der Mitteilung heißt.
“Machtvolle Position”
Betge habe Mitglieder aufgehetzt und überredet, sich ihm anzuschließen und die Arbeit im Wahlkampf einzustellen. Später hätten sich Mitglieder distanziert und erklärt, sie hätten sich von Betge instrumentalisieren lassen. Ziel Betges sei es gewesen, den Vorstandsvorsitzenden Ulrich Meier zu Evenhausen abzulösen und den Vorstand nach seinen Vorstellungen zu besetzen, heißt es in der Mitteilung der PUB.
Im künftigen Rat habe Betge möglichst viele Positionen und Ausschussvorsitze bekleiden wollen, „von denen er sich eine machtvolle Position versprach“, schreibt der Vorstand der PUB. Er habe bei Widerstand mit der Spaltung der PUB gedroht. Betge habe nicht davor zurückgeschreckt, Falschaussagen über Vorstandskollegen und Mitglieder zu verbreiten, heißt es in der Mitteilung des Vorstandes.
Unterlassungserklärung
Die Pressemitteilung geht auch auf einen Vorgang ein, der die Leopoldshöher Nachrichten und ihren Herausgeber Thomas Dohna betrifft. Betge hatte an einem Wahlkampfstand der PUB gegenüber einer Bürgerin behauptet. „Die Presse berichtet einseitig, weil Herr Dohna von der Gemeinde bezahlt wird.“ Die Bürgerin bestätigte diese Aussage durch Abgabe einer Eidesstattlichen Versicherung. Betge bestreitet über eine Anwältin, die Aussage getätigt zu haben, unterschrieb jedoch zwei Unterlassungserklärungen, in denen er sich verpflichtet, unter Androhung einer Strafzahlung diese Falschbehauptungen zukünftig zu unterlassen.
„Postengerangel, Diffamierung, persönliches Machtstreben sowie persönliche Rachefeldzüge entsprechen nicht den Grundwerten und den Zielen der PUB, für die sie angetreten ist“, schreibt der PUB-Vorstand. Diese Verhaltensweisen entsprächen nicht den Erwartungen der PUB-Wähler.
“Klarer Schnitt”
Der Vorstand der Wählervereinigung habe sich deshalb entschlossen, „diesen klaren Schnitt zu machen und auch die angedrohte Spaltung der PUB in Kauf zu nehmen“. Der Vorstand werde lieber als kleinere, „aber ehrliche PUB-Fraktion in den Gemeinderat einziehen und seriöse und konstruktive Ratsarbeit machen, als mit einer größeren Gruppe unsere Werte zu verraten“.
Der Vorstand der PUB tritt Behauptungen Betges entgegen. Betge sei nicht mehr Mitglied der PUB, er sei nicht befugt, im Namen der PUB Handlungen vorzunehmen oder Erklärungen abzugeben. Der Vorstand der PUB weist Betges Behauptung, sein Ausschluss sei gegen die Mehrheit der Mitglieder der PUB geschehen, als unzutreffend und irrelevant zurück, da der Ausschluss im Rahmen der Satzung korrekt erfolgt sei.
Drei-Kopf-Fraktion
Der Vorstand der PUB weist ebenso Betges Behauptung, Ulrich Meier zu Evenhausen wolle eine Führungsrolle innerhalb der PUB Fraktion beanspruchen, als nicht zutreffend zurück. Die aktuelle PUB Fraktion bestehe seit Jahren aus Ulrich Meier zu Evenhausen und Sven Meier zu Evenhausen. Für die neue Wahlperiode werde eine neue Fraktion aufgestellt, der Ulrich Meier zu Evenhausen nicht mehr angehören werde. Er hatte auf Platz neun der PUB-Reserveliste kandidiert. Vier Reservelistenkandidaten werden in den Rat einziehen. Dazu kommen vier direkt gewählte Kandidaten.
Die PUB werde für die kommende Ratsperiode eine neue Fraktion gründen, der Sven Meier zu Evenhausen, Dagmar Beermann und Frank Elbrächter angehören werden, schreibt der PUB-Vorstand. Der Vorstand lade alle Mandatsträger, „die für die PUB angetreten sind und Interesse an konstruktiver und engagierter Sacharbeit haben, ein, sich dieser Fraktion anzuschließen“, heißt es in der Mitteilung.
Widerspruch
Betge werde der neuen PUB Fraktion nicht angehören, betont der Vorstand. Ob er eine Fraktion außerhalb der PUB gründen werde, sei nicht bekannt.
Rolf Schröder widerspricht in Teilen der Darstellung des PUB-Vorstandes. Gegenüber den Leopoldshöher Nachrichten gibt er sich bei seinem Anruf in der Redaktion als Sprecher der Gruppe um Martin Betge aus. Der nach eigenen Angaben ehemalige Verwaltungsleiter der Städtischen Bühnen Bielefeld will eine Chronologie der Ereignisse vorstellen. Er bestätigt den Rauswurf Betges vom 29. September 2025. Er berichtet von einer Sitzung der 17 PUB-Kandidaten, in der der Vorstand eine Zusammenarbeit mit Betge als nicht mehr vorstellbar dargestellt habe.
Antrag beim Amtsgericht
Die Gruppe um Betge habe Anfang Oktober den Vorstand angeschrieben und um eine Mitgliederliste gebeten, die nicht herausgegeben worden sei, sagt Schröder. Ein Drittel der etwa 60 Mitglieder, 23 Personen genau, habe einen schriftlichen Antrag auf Abhaltung einer Mitgliederversammlung eingereicht. Die solle bis zum 28. Oktober 2025 stattfinden.
Bis heute sei nichts passiert, stellt Schröder fest und sagt, dass die Gruppe einen Antrag beim Amtsgericht Lemgo eingereicht habe, eine Mitgliederversammlung anzuordnen. Die Tagesordnung solle die Wahl des Vorstandes und den Kassenbericht enthalten.
Privatperson spricht für die PUB
Schröder weiß um die Unterlassungserklärung, die Betge gegenüber dem Herausgeber der Leopoldshöher Nachrichten und den Leopoldshöher Nachrichten selbst abgegeben hat. Schröder betont zum Ende des Gespräches, er habe als Privatperson die Leopoldshöher Nachrichten angerufen. Sollte der bisherige Vorstand der PUB bestätigt werden, werde er aus der PUB austreten.
Mitgliederversammlung wird vorbereitet
Aus dem Umfeld des PUB-Vorstands wird bestätigt, dass es einen solchen Antrag auf Einberufung einer Mitgliederversammlung gibt. Die Mitgliederversammlung werde vorbereitet. Ein PUB-Mitglied Rolf Schröder gebe es allerdings nicht. Sein Antrag sei seinerzeit vom Vorstand der PUB abgelehnt worden. Es werde noch geprüft, ob die 23 Unterzeichner des Antrages Mitglied der PUB seien: „Es hat viele Info-Veranstaltungen der PUB gegeben. Einige meinen, weil sie immer dabei gewesen sind, seien sie auch Mitglieder.“
Betge selbst hatte gestern angekündigt, eine fünfköpfige Fraktion im Gemeinderat gründen zu wollen. Es ist zweifelhaft, ob sie unter dem Namen PUB antreten darf. Zudem dürfte die von der PUB aufgestellte Reserveliste der vorerst dreiköpfigen PUB-Fraktion aus Beermann, Elbrächter und Meier zu Evenhausen zufallen. Das kann Konsequenzen für die zukünftige Zusammensetzung des Gemeinderates haben.