Erosion des Bürgerwillens

Sven Meier zu Evenhausen (links) und Martin Betge von der PUB freuten sich am Wahlabend über den Erfolg der Wählervereinigung PUB bei der Kommualwahl 2025. Die Freude ist dem Streit gewichen. Foto: Thomas Dohna
Sven Meier zu Evenhausen (links) und Martin Betge von der PUB freuten sich am Wahlabend über den Erfolg der Wählervereinigung PUB bei der Kommualwahl 2025. Die Freude ist dem Streit gewichen. Foto: Thomas Dohna

Die Vorgänge um die PUB/BFL

Debattenbeiträge geben die persönliche Meinung des Autors wieder.

Von Thomas Dohna

Als langgedienter Lokaljournalist ist man ja manchmal der Meinung, alles schon einmal mitgemacht zu haben. Aber die Ereignisse rund um die PUB toppen doch alles, was bislang auf der Erlebnisliste stand.

Gut, es kommt immer wieder vor, dass einzelne Kreistags- oder Gemeinderatsmitglieder aus Fraktionen austreten und einen eigenen Club gründen wie im Kreistag der vergangenen Wahlperiode. „Unabhängige Kreistagsmitglieder“ (UKTM) nannte sich die Fraktion. Offenbar traf sie nicht den Wählerwillen. Im lippischen Kreistag ist der ehemalige Sozialdemokrat Henning Welslau nun Einzelkämpfer der UKTM.

In Leopoldshöhe spaltete sich Mitte der vergangenen Wahlperiode die PUB von der FDP ab. Die hatte 2020 ein Rekordergebnis eingefahren und noch nie dagewesene vier liberale Gemeinderatssitze errungen. Ulrich Meier zu Evenhausen war als Bürgermeisterkandidat der FDP angetreten und hatte respektable 14 Prozent geholt. Das hätte für eine deutliche Mitsprache und Stimme der Liberalen im Gemeinderat gereicht.

Der Austritt von Ulrich und Sven Meier zu Evenhausen aus der FDP rüttelte die Liberalen durch. Forthin gab es die PUB-Fraktion neben der FDP-Fraktion. Viel zu sagen hatte man sich nicht. Das Manko der PUB: Ihr Vorhandensein war durch den Wählerwillen nicht gedeckt.

Das hätte mit der neuen PUB geheilt werden können. Doch es kam anders und das war es, was – zumindest in Leopoldshöhe – noch nie da war: Eine bei einer Kommunalwahl überaus erfolgreiche Wählervereinigung zerlegt sich in aller Öffentlichkeit noch bevor der Gemeinderat sich konstituiert hat. Mehr als die Hälfte der auf der Liste der PUB in den Gemeinderat eingezogenen Ratsmitglieder gründen eine eigene Fraktion, die „Bürger für Leopoldshöhe“ (BFL). Ulrich und Sven Meier zu Evenhausen ereilt damit das Schicksal der FDP.

Die PUB-Leute hatten alles besser als die Parteien der Bürgermeister-Koalition aus SPD, CDU, Grünen und FDP machen wollen – und nun machen sie alles schlechter. Sie hatten unter Ulrich Meier zu Evenhausens Führung einen bemerkenswerten Wahlsieg eingefahren. Aus dem Stand heraus erzielte ihr Bürgermeisterkandidat Frank Elbrächter fast 30 Prozent der Stimmen. Die PUB holte vier Direktmandate und vier Mandate über die Reserveliste.

Zweitstärkste Fraktion im Gemeinderat – noch vor der CDU – hätte die PUB werden können. Mit ein wenig Diplomatie und Verhandlungsgeschick hätte sie zumindest zeitweise einen Posten des stellvertretenden Bürgermeisters und zwei Ausschussvorsitze besetzen können. Das ist nun alles dahin.

Die BFL ist jetzt zusammen mit der vom Bundesamt für Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuften AfD drittstärkste Fraktion – nach der CDU. Ihre Aussichten auf einen stellvertretenden Bürgermeisterposten sind gleich null. Mit Losglück könnte sie gegen die AfD einen Ausschussvorsitz ergattern. Sie stünde mit der AfD allerdings als letzte in der Reihe im Wettbewerb um einen der Ausschüsse. Der Wahlausschuss könnte es werden. Der tagt immerhin zwei oder drei Mal, nicht im Jahr, sondern innerhalb der kommenden fünf Jahre. Einfluss sieht anders aus.

Und warum das alles? Weil die, die alles besser machen wollten, den Wählerwillen missachtet und ihre eigenen kleinen persönlichen Befindlichkeiten über den Wählerwillen gestellt haben. Die Wähler der PUB wollten keine BFL. Die stand nicht auf dem Wahlzettel. Die Wähler wollten eine schlagkräftige PUB, die Windräder im Norden der Gemeinde verhindert und die ihren Einfluss bei der Planung und Bebauung des neuen Wohngebietes Brunsheide geltend macht.

Mit der Teilung der PUB bleibt nach dem rasanten Aufstieg eines neuen Sterns am politischen Himmel Leopoldshöhes, gefolgt von dem noch schnelleren Absturz das Glimmern zweier Haufen toter Materie zurück, macht-, kraft- und einflusslos. Gegenüber der Bürgermeister-Koalition bleibt eine Opposition aus drei Fraktionen, die sich gegenseitig nicht aufs Fell gucken können – jedenfalls so lange, wie sich zwei von ihnen deutlich von der AfD abgrenzen.

Dabei hat sich das Führungspersonal der BFL schon jetzt jeden Kredit gegenüber der Verwaltung und ihrer Spitze sowie den Parteien der Bürgermeister-Koalition verspielt. Drohungen, Falschbehauptungen in der Öffentlichkeit und Winkelzüge prägen ihr Handeln, während die geschrumpfte PUB-Fraktion zarte Bande in Richtung beispielsweise der CDU knüpft.

Demokratie lebt auch von so etwas altmodischem wie Disziplin. Die beinhaltet, dass persönliche Befindlichkeiten gegenüber der Gestaltung des Gemeinwesens zurückzustehen haben, dass Mehrheiten Mehrheiten sind und man sich als Unterlegener dem zu fügen und die so getroffene Entscheidung zu verteidigen hat.

Das Geheimnis der Parteien wie denen der Bürgermeisterkoalition besteht darin, dass dort diese Disziplin und der Blick aufs Gemeinwohl – meistenteils – gewahrt wird, wenn auch intern über den Weg gestritten wird. Das erfordert Kraft, mentale Stärke und Charakter. Nicht alle, die sich berufen fühlen, verfügen über diese Eigenschaften.

Ich erinnere mich an einen Fraktionsvorsitzenden in einem Gemeinderat, der bei internen Abstimmungen in seiner Fraktion immer wieder einmal unterlag. Seine besten Reden hielt er aber immer dann, wenn er diese Mehrheitsmeinung, die nicht die seine war, in der Öffentlichkeit wie ein Löwe und ohne Anschein des leisesten Zweifels der Richtigkeit dieser Entscheidung verteidigte.

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