Bäuerlicher Philosoph: Theo Meier zu Evenhausen lebt asketisch und verzichtet doch auf nichts. Seine Gedanken zur Lösung der Schulden- und Klimakrise hat er in vielen Jahren zusammengetragen. Foto: Thomas Dohna
Theo Meier zu Evenhausen kam im Stall zum Nachdenken über die Ökonomie und die Klimaprobleme der Welt
Leopoldshöhe (ted). Er arbeitet körperlich hart, täglich. Er fährt Fahrrad, fast täglich. Seine Wohnung im Haupthaus des Meierhofes in Evenhausen ist nicht geheizt, immer. Das alles, sagt Theo Meier zu Evenhausen, halte ihn gesund, geistig, seelisch und körperlich. 84 Jahre ist der Bauer alt. Seit mindestens 60 Jahren denkt er über die Welt nach. Der erste Ort dafür war der erste große Hühnerstall auf dem Meierhof.
Theo Meier lebt asketisch, so könnte man es von außen nennen. Er sagt: „Ich versuche, jeden unnötigen Aufwand zu vermeiden“. Er nutzt seine Kleidung so lange es irgend geht. Das Haupthaus des Meierhofes hat er vor vielen Jahren schon so isolieren lassen, dass er auch bei winterlichen Temperaturen die Heizung kalt lassen kann. Einen Pullover sollte man bei einem Besuch dennoch mitbringen. Trotzdem spaltet er jeden Tag Holz, für die Heizung, die die Gebäude des Hofes beheizt. Diese Arbeit, die Kühle in seiner Wohnung, lässt Meier zu dem Schluss kommen: „So setze ich keine unnötigen Kalorien an.“ Er sagt, er verzichte auf nichts, was ihm wichtig sei.
Wichtig sind ihm die Arbeit, die Bewegung, die Fahrradfahrten zu seiner Lebensgefährtin, fast jeden Tag 15 Kilometer hin und 15 zurück. Und das Nachdenken ist ihm wichtig. Das muss schon sehr früh angefangen haben.
Der Meierhof hat eine wohl mehr als tausendjährige Geschichte hinter sich. Er gehörte im Mittelalter und darüber hinaus dem Bistum Paderborn. Die Familie lässt sich über viele Generationen und Jahrhunderte zurückverfolgen. Meier hat das wissenschaftlich untersuchen lassen. Anfang des 19. Jahrhunderts übernahm die Familie als Eigentümer den Hof. Sie erlebte wirtschaftliche Höhen und Tiefen. Theo Meiers Großvater glaubte mit einem Hof in Bückeburg sein Glück zu finden, legte sein Vermögen im Ersten Weltkrieg in Kriegsanleihen an, verlor es und kam bettelarm nach Evenhausen zurück. Der Hof ging auf die nächste und übernächste Generation über, schließlich auf Theo Meier. Sein Vater hatte sich das Leben genommen, wie wohl sein Großvater und sein Urgroßvater auch. „Ich könnte wohl auch selbst gefährdet sein“, habe er sich damals gesagt. Damals redete man nicht über psychische Krankheiten, man hatte stark zu sein. 15 Jahre alt war er, als sein Vater starb. Seitdem habe er darauf geachtet, sein Selbstbewusstsein zu stärken und immer das Positive zu sehen.
Mit 25 durfte er den Hof übernehmen, das Niesbrauchrecht seiner Mutter war ausgelaufen, sein Stiefvater war pleite. Meier hatte inzwischen geheiratet, sich als Landwirt beworben, versucht, den Hof an Nachbarn zu verpachten. „Dann haben wir es eben selbst gemacht“, sagt er, als sogenannte Sofa-Leute, als Landwirte ohne Mitarbeiter. „Die Löhne konnten wir uns nicht leisten.“
Seine Frau hatte in einer Stellung gearbeitet, in der es auch Hühner gab. Sie hatte die Idee, 400 Küken zu kaufen. 1962 war das, mit einem harten langen Winter, auf den ein Winter mit besonders tiefen Temperaturen folgte. „Der Bodensee war zugefroren und die Hühnertränken auch“, erinnert Theo Meier sich. Die ersten Hühnereier waren so klein, dass sie niemand haben wollte. Seine Frau und ihre Schwester fuhren über Land, um sie an den Haustüren loszuwerden, was nur mäßig gelang.
Theo Meier verbrachte viel Zeit im Stall, um die Eier aufzusammeln und um auszumisten. „Eine geistig wenig anspruchsvolle Tätigkeit“, sagt er. Zeit, um nachzudenken über die Welt und das, was sie zusammenhält. Er sammelte kommunalpolitische Erfahrungen in der CDU und als stellvertretender Bürgermeister Leopoldshöhes. Nach vielen Jahren fasste er seine Gedanken zunächst in Briefen, dann 2013 in einem Buch zusammen, in dem er seine Idee von der zinslosen Geldschöpfung ausbreitet, mit der sich Schuldenkrise und Klimaprobleme der Welt lösen ließen. Er sieht sie in einem unlösbaren Zusammenhang. Die Technologien seien da, sagt er. Es fehle nur das Geld, sie umzusetzen. Er setzt auf eine Ökoinvestbank, die ähnlich wie die Nationalbanken Geld schöpfen und anders als diese ausschließlich in reale Werte investieren soll. Die Reaktionen auf das Buch: Gute Gedanken, aber nicht durchsetzbar.
Theo Meier ficht das nicht an. „Ohne Humor läuft nichts“, sagt er und weist auf seine Leidenschaft hin, das Bridgespiel. Da könne der kleinste Trumpf die größte Karte des Gegners stechen. „Das ist das Leben selbst“, sagt er. Mit bäuerlicher Schläue könne man immer wieder den Spieß umdrehen. „Wir können die Situation zum Besseren wenden“, stellt Theo Meier mit unerschütterlichem Optimismus und strahlendem Gesicht fest.
Theo Meier zu Evenhausen und Dr. h.c. Michael Grandt; Die ökologische Lösung der Schuldenkrise, Verlag Weltenwandel; 324 Seiten; 19,90 Euro.



