100 Jahre Muttertag in Deutschland

Leos Kino-Aktiver Ulrich Schumann weist auf gute Filme hin. Foto: Edeltraud Dombert/Montage: Thomas Dohna
Leos Kino-Aktiver Ulrich Schumann weist auf gute Filme hin. Foto: Edeltraud Dombert/Montage: Thomas Dohna

Mütter im Film – eine Top Five von Leos Kino

Von Ulrich Schumann

Wir sind nicht überrascht: den ersten Muttertag in Deutschland hat der Verband Deutscher Blumengeschäftsinhaber ausgerufen. Der 13. Mai 1923 wurde auf zahlreichen Werbeplakaten zum ersten Muttertag in Deutschland erklärt. Die Idee stammt dabei ursprünglich aus den USA, wo der Muttertag schon seit 1914 begangen wird. Für das Team von Leos Kino ist das Anlass genug, sich mit Müttern im Film zu beschäftigen. Entstanden ist eine gnadenlos subjektive TOP FIVE mit ganz ambivalenten Mutterrollen. Und im Gegensatz zu den Mamas in Leopoldshöhe sind diese Film-Mütter nicht immer nett.

Wenn die Mutter fehlt (USA 1993)

Schlaflos in Seattle

Sam (Tom Hanks) ist seit einem Jahr Witwer und mit seiner Rolle als alleinerziehender Vater hoffnungslos überfordert. Darunter leidet vor allem Sohn Jonah, der die Initiative ergreift. Er bringt Sam in eine landesweit ausgestrahlte Radiosendung, in der dieser über seine Probleme reden kann. Die Folge: Sam kann sich vor Post von alleinstehenden Frauen nicht mehr retten. Doch auch Annie (Meg Ryan) aus New York schreibt Sam. Der Rest ist Kino-Geschichte.

Den großen Kinohit von Nora Ephron kannte zu Beginn der 1990er jeder. Und auch wenn hier ein arg traditionelles Familienbild vermittelt wird: vor allem die witzigen Dialoge und die schnelle Inszenierung bringen immer noch jede Menge Spaß.

Wenn die Mutter klammert (BR Deutschland 1988)

Loriots Ödipussi

„Wir nehmen das aschgrau.“ „Ödipussi“ war von Anfang an mehr popkulturelle Referenz als Kinofilm. Viele Deutsche können die Dialoge mitsprechen und kringeln sich, wenn Evelyn Hamann „Meine Schwester heißt Polyester“ anstimmt. Doch neben dem stets perfektem Timing von Loriot und seiner Partnerin lohnt auch der Blick auf Katharina Brauren, die mit großer Hingabe eine herrische Mutter spielt, die ihren alternden Sohn nicht freigeben will. Virtuos wird es, wenn von Bülow den Realitätsverlust der Mutter in der Scrabble-Szene mit den „Quallenknödeln“ seziert: präzise, aber immer würdevoll.

Wenn die Mutter eigenwillig wird (USA 2000)

Erin Brockovich

Den klassischen Mutter-Klischees entspricht sie nicht: Erin Brockovich (Julia Roberts) ist ehemalige Schönheitskönigin, tritt vulgär und in eher knappen Textilien auf und nimmt kein Blatt vor den Mund. Tatsächlich hat sie aber drei Kinder, ist alleinerziehend und pleite. Mit viel Eigeninitiative verschafft sie sich einen Job in einer Anwaltskanzlei und stößt auf einen Umweltskandal. Erin tut alles, um den Skandal aufzuklären, denn sie erkennt in den Opferfamilien auch ihre eigenen Kinder wieder. Diese Mutter kämpft.

Steven Soderbergh drehte den Film nach einer wahren Geschichte. Die Rolle der Erin Brockovich ist Julia Roberts auf den Leib geschneidert.

Wenn es zwischen Mutter und Sohn kompliziert wird (Kanada 2014)

Mommy

25 Jahre war der Regisseur Xavier Dolan alt, als er mit „Mommy“ die Goldene Palme beim renommierten Filmfestival in Cannes gewann. Nach „I Killed My Mother“ setzte sich Dolan bereits zum zweiten Mal mit komplizierten Mutter-Sohn-Verhältnissen auseinander. In „Mommy“ lernen wir Diane (Anne Dorval) kennen, die sich um ihren Sohn Steve (Antoine-Olivier Pilon) kümmern muss. Steve neigt zu unkontrollierbaren Wutausbrüchen. Diane verlangt das viel ab, doch sie schöpft Hoffnung, als sie die neue Nachbarin Kyla kennenlernt.

Dolan macht die Enge von Beziehung und Gesellschaft durch einen faszinierenden Trick deutlich: „Mommy“ wurde im 1:1-Format gedreht: schwarze Balken links und rechts, oben und unten sorgen für eine enorme Wirkung.

Wenn man den Muttertag mal ganz anders feiern will: Psycho (USA 1960)

Vielleicht sollte man diesen Film nicht zusammen mit seiner Mutter am Muttertag ansehen. Trotzdem lohnt die Sichtung immer wieder: „Psycho“ gilt als eines der zentralsten Werke Alfred Hitchcocks und gruselt bis heute. Zur Erinnerung: Marion Crane (Janet Leigh) gerät in ein abseits gelegenes Motel. Dort lernt sie Norman Bates (Anthony Perkins) kennen, der das Motel allein mit seiner Mutter betreibt. Norman liebt seine Mutter abgöttisch, er hat keine weiteren sozialen Kontakte. Norman beschreibt seine Mutter als „harmlos“ und „manchmal ein bisschen bösartig“. Dann geht Marion duschen…

„Psycho“ schockt bis heute wegen seiner Kompromisslosigkeit und seiner genialen Machart, die zeitlos ist. „Psycho“ ist ein Monument und im Spannungsaufbau unübertroffen. Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte füllen viele Bücher. Die Referenzen in der Popkultur sind endlos. „Psycho“ ist ein Meilenstein des Kinos.