Die Ausgebufften
Von Ulrich Schumann
Vor genau 50 Jahren kam „Der Clou“ in die deutschen Kinos / ein Flimtipp von Leos Kino
Am 11. April 1974 kam einer der cleversten und witzigsten Unterhaltungsfilme der 1970er in die deutschen Kinos: „Der Clou“. Große Filmkunst? Fehlanzeige! Großer Spaßfaktor? 100 Prozent! Der Film funktioniert bis heute hervorragend und ist zu Unrecht in Vergessenheit geraten. Zeit für eine Wiederentdeckung! Gerade fürs gemeinsame Filmeschauen an den Feiertagen.
Die Klein-Ganoven Johnny Hooker (Robert Redford) und Luther Coleman (Robert Earl Jones) sind mal wieder pleite. Im Chicago der 1930er ist das kein Wunder. Die ganze Stadt ist geprägt von der großen wirtschaftlichen Depression, Armut, Kriminalität. Hooker und Coleman gelingt es, den Banden-Boss Doyle Lonnegan (Robert Shaw) um 11.000 Dollar zu erleichtern. Doch Lonnegans Männer kommen dem Raub auf die Schliche und töten Coleman. Hooker will Rache und plant gemeinsam mit Trickbetrüger Henry Gondorff (Paul Newman) einen Betrug, wie ihn Chicago noch nicht gesehen hat.
6,25 Millionen Kinozuschauer allein in Deutschland erlebten 1974 eine Gaunergeschichte, die vor überraschenden Wendungen nur so strotzt, Witz hat und bis heute ein ziemliches Tempo an den Tag legt. Immer wieder misslingt Gondorff und Hooker etwas, immer wieder gelingt es ihnen, mit Spontaneität und Herzblut die Dinge in die richtige Richtung zu lenken. Und der Showdown liefert mit Leichtigkeit und Finesse den ganz großen „Clou“.
Marvin Hamlish begleitet den Film mit wunderbarer Ragtime-Musik, die eigentlich gar nicht in die 1930er gehört. Sein Soundtrack löste vor 50 Jahren einen kleinen Ragtime-Hype aus und bis heute versuchen sich die meisten Klavier-Schüler irgendwann an Scott Joplins „Der Entertainer“. Diesen Hit kennt wirklich jeder. Hamlish bekam dann auch einen von sieben Oscars für „Der Clou“.
Das alles sei ja nur „kalkuliertes Starkino“, „synthetisch und mechanisch“, maulte Die Zeit 1974, hat irgendwie Recht und dennoch den Film nicht verstanden. Wenn am Ende die ausgebufften Kleinen über die kühlen Großen siegen, wenn Hooker in höchster Not einen Gegner töten soll und das aber nicht tut („Ich verstehe nicht viel vom Töten.“), wenn ein großartiger Einfall den nächsten ablöst, dann lassen wir uns nur zu gerne einwickeln, genießen die Funken, die zwischen Newman und Redford sprühen, und erleben einfach zwei Stunden pures Kino. Was für ein schöner Film für die Feiertage!
„Der Clou“ ist auf DVD und Blu-ray erhältlich und steht bei nahezu allen großen Streamingdiensten für rund vier Euro zum Abruf bereit.