
Auf nach Chemnitz
Von Ulrich Schumann
Die nicht ganz ernst gemeinte Dokumentation „Kosmos Chemnitz“ macht Lust auf einen Besuch in der Kulturhauptstadt / ein Tipp von Leos Kino
Waren Sie schon in Chemnitz? In der wahrscheinlich osteuropäischsten deutschen Großstadt geht gerade Großes vor sich – und Viele bekommen es nicht mit. ARD Kultur hat schon vor Beginn des Kulturhauptstadtjahres der manchmal spröden Metropole in Sachsen ein liebevolles Porträt gewidmet, das Lust auf Chemnitz macht. Abrufbar ist es in der ARD-Mediathek.
Spannend ist, dass nicht hübsche, scheinbar aufgeschlossene Moderatoren mit rotem Rucksack losziehen, die am Ende sowieso alles toll finden. Erzählt wird hier aus der Perspektive von „KM-2“, einem Wiedergänger von Karl Marx, der durch einen Systemabsturz als Kosmonaut im Chemnitz des Jahres 2025 landet. KM-2 bewegt sich im Raumanzug durch die Stadt und runzelt auch mal die Stirn und hakt kritisch nach.
Das ist ja auch typisch Chemnitz: nicht immer sind sie dort freundlich, aber stets sind sie herzlich. Ein Pluspunkt für die ehrliche Art der Dokumentation ist, dass dies gleich zu Beginn thematisiert wird. Auch nicht ausgespart wird, dass rechte Netzwerke dort einen außergewöhnlich großen Raum haben und sich leider immer weiterentwickeln. Doch zur Wahrheit gehört eben auch: Viele Chemnitzer tun etwas dagegen, gerade jetzt im Kulturhauptstadtjahr. Und diese Menschen brauchen unsere Unterstützung gegen die Rechten.
Und dann geht’s richtig los: Wussten Sie, dass man sich in Chemnitz ein Theaterstück in einem Linienbus ansehen kann? Oder dass man in einem Parkhaus eine riesige Skulptur eines Wals bewundern kann? Oder dass 3.000 Garagen (!) zu Ateliers und Galerien umgewandelt wurden? Oder dass es wunderbare Ausstellungen in einem Heizkraftwerk mit buntem Turm gibt?
Und dann ist da noch die olle riesige Karl-Marx-Büste! KM-2 möchte sie gerne abreißen. Doch die Chemnitzer widersprechen. Sie gehört irgendwie dazu und reiht sich zwischen den beeindruckend großen Plattenbauten dann doch ein. Chemnitz ist keine Schönheit, verstecken muss man sich aber nicht.
KM-2 ist am Ende beeindruckt und wagt sich in den neuesten Schwerpunkt der kulturellen Arbeit der Stadt vor: nicht erst durch die Band „Kraftklub“ entwickelt sich Chemnitz gerade zu einem popkulturellen Zentrum in der Republik. Da greift selbst KM-2 zum Mikrofon!
„Kosmos Chemnitz“ macht Lust auf einen Besuch in der Kulturhauptstadt, die man von Bielefeld aus mit maximal zwei Umstiegen per Bahn bequem erreicht. Eile ist aber geboten: Bereits am 29. November 2025 endet das für Westsachsen so besondere Kulturjahr. Aber die Reise lohnt – fragen Sie mal KM-2!
„Kosmos Chemnitz“ ist abrufbar in der ARD-Mediathek.
Trailer zu „Kosmos Chemnitz“