Das „Beweisfoto“: Jannis Köllermeier entdeckte mit seiner Kamera den Biber am Schiedersee.
Erster Nachweis seit über 200 Jahren
Kreis Lippe. Und plötzlich war er vor der Kameralinse: Ein Biber im Schiedersee. Die Beobachtung ist ein Glücksfall für die Erforschung der lippischen Tierwelt, heißt es in der Pressemitteilung des Kreises Lippe. Es ist der erste Nachweis eines Bibers seit über 200 Jahren – das Tier galt in Lippe als ausgerottet. „Der Biber ist ein weiteres Beispiel dafür, dass in Lippe die Lebensbedingungen für seltene heimische Tierarten besonders gut sind. Mit Hilfe der Artenschutzstrategie ‚Lippes lebendige Vielfalt‘ arbeiten wir daran, die Lebensraumqualität weiter zu verbessern, damit sich in Zukunft noch mehr Artgenossen ansiedeln“, freut sich Landrat Dr. Axel Lehmann.
Per Zufall konnte der 15-jährige Jannis Köllermeier bei einem Abendspaziergang am See ein paar Bilder und Videosequenzen von dem Nager machen. Über Bürgermeister Jörg Bierwirth erhielt schließlich die Biologische Station Lippe von der Beobachtung Kenntnis. Erste Zweifel, dass es sich um eine Verwechselung mit einem nicht-heimischen Nutria handelt, waren schnell ausgeräumt. „Eine umgehend durchgeführte Spurensuche durch die Stationsmitarbeiter ergab, dass sich der Biber schon länger unbemerkt im Gebiet aufhalten muss. Ältere Verbissspuren an Gehölzen sind möglicherweise bereits ein Jahr alt“, erklärt Matthias Füller, Leiter der Biologischen Station. Da das Tier bislang nur Weidenjungwuchs abgebissen und ältere Bäume verschont hat, sind seine Spuren nur mit geübten Augen zu erkennen.
„Seine Rückkehr ist auch ein Beleg für die naturnahe Entwicklung der vom Kreis Lippe errichteten Umflut der Emmer um den Schiedersee,“ so Dr. Ute Röder, Fachbereichsleiterin Umwelt und Energie beim Kreis Lippe. Zum Schutz des seltenen Auenbewohners werden in den nächsten Monaten weitere notwendige Unterhaltungs- und Gehölzarbeiten im Umfeld des Schiedersees durchgeführt. Die Umgebung wird den Bedürfnissen und den Schutzansprüchen des Bibers angepasst.
Die Herkunft des Bibers am Schiedersee ist unklar. Grundsätzlich ist die streng geschützte Tierart bundesweit aber wieder auf dem Vormarsch. Aus den Nachbarkreisen gibt es Bibernachweise aus der Weseraue bei Bad Lippspringe, der Lippeaue und aus dem Herforder Raum sowie in Höxter an der Nethe.
Hintergrund
Biber sind ausgesprochene Vegetarier. Neben Weichhölzern und Rinde fressen sie Blätter und im Sommer auch krautige Pflanzen. Als meisterhafte Dammbauer können sie Auenlandschaften erheblich umgestalten. Dort, wo der Biber vorkommt, nimmt die Artenzahl von Libellen und Amphibien deutlich zu. Auch die Fischartenzahl kann sich in bibergeprägten Auen verdoppeln.
Sachinformationen Biber:
Biber sind Vegetarier und fressen im Sommer krautige Pflanzen und im Winter vor allem Knospen und Baumrinde von Laubbäumen, die sie besonders im Herbst und Frühjahr fällen.
Sie bauen Dämme, mit denen sie Fließgewässer anstauen, um teichartige Bedingungen und Flachwasserbereiche zu schaffen, die ihnen als Lebensraum und Nahrungshabitat besonders zusagen. Ihre Verstecke liegen oft unter der Erdoberfläche im Uferbereich, wobei die Eingänge stets unter Wasser liegen. Berühmt sind auch die sog. Biberburgen, die auch mitten in einem Stillgewässer liegen können und aus zusammengetragenen Ästen bestehen. Auch hier liegt der Eingang unter Wasser.
Biberpaare bleiben zeitlebens zusammen. Die Alttiere leben mit den zwei bis vier Jungen und oft auch mit den vorjährigen Jungen in Familienverbänden und sind streng territorial. Die dreijährigen Jungen suchen mit einsetzender Geschlechtsreife eigene Reviere und können dabei über 100 km weit wandern.
Der Biber war in Deutschland einst von der Küste bis an den Alpenrand flächendeckend verbreitet und hat auch kleine Bäche besiedelt. Man geht von mehreren 100.000 Tieren aus. Zahlreiche Namen von Ortschaften oder Gewässern weisen auf die damalige Präsenz des Bibers hin. Beispiele aus der Region sind der Bewerbach bei Bösingfeld, der in die Emmer mündende Beberbach bei Nieheim, die sogenannten Beverhöller bei Stemmen (ehemalige Weseraltarme), die Ortschaften Bevern bei Holzminden, Beverungen bei Höxter.
Im 19. Jahrhundert wurde der Biber in Deutschland fast komplett ausgerottet. In Lippe stammen die letzten Nachweise aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts. Nur an der Mittleren Elbe überlebten etwa 200 Tieren. Von hier begann eine natürliche Wiederbesiedlung, oft unterstützt durch Aussetzungsaktionen. In NRW liegen die Vorkommensschwerpunkte in der Eifel und am Niederrhein. In zunehmendem Maße wird das westfälische Tiefland besiedelt. Da Biber extrem anpassungsfähig sind, können sie in unterschiedlichsten Landschaften vorkommen, auch mitten in Städten.