Leopoldshöhe soll kaum noch wachsen

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Die Karte ist interaktiv. Sie können Flächen und Elemente wegklicken und auch wieder hinzufügen. Grafik: Thomas Dohna

Parteien lehnen die meisten neuen Baugebiete ab

Leopoldshöhe (ted). Heute Abend entscheiden die Mitglieder des Hochbau- und Planungsausschusses über den neuen Regionalplan. Wir haben den im Gemeinderat vertretenen Parteien Fragen gestellt. Tenor ist: Das Ausmaß der möglichen neuen Baugebiete soll begrenzt werden. Neue Bau- und Wohnformen sollen ebenfalls möglich sein, Eingriffe in Naturschutzgebiete sollen vermieden werden. Die Parteien haben Vorstellungen, wo neue Baugebiete entstehen sollen.

Die Fraktionsvorsitzenden der Parteien haben unsere Fragen auf unterschiedliche Weise beantwortet, teils in Interviews mit der Redaktion, teils schriftlich. In dem Regionalplan geht es um acht Allgemeine Siedlungsbereiche und die Erweiterung des Gewerbegebietes Greste. Insgesamt 103 Hektar sind für die Wohnbauflächen, 16 Hektar für Wirtschaftsflächen reserviert. Theroretisch könnten auf diesen Flächen 2.000 neue Einfamilienhäuser entstehen. Zwischen 3.000 und 8.000 neue Einwohner hätte Leopoldshöhe dann, mit der Folge, dass Schulen, Kindertagesstätten, Bus und Bahn und viele andere Bereiche der Infrastruktur ausgebaut werden müssen, vielleicht mit Ausnahme der Kläranlage Schuckenbaum, sie ist für 24.000 Einwohner ausgelegt. Alle Flächen liegen in landwirtschaftlich genutzten Bereichen mit guten und sehr guten Böden. Die Gemeinde verfolgt ein Konzept zur Vernetzung der Biotope auf dem Gemeindegebiet. Durch eine flächendeckende Bebauung wäre es hinfällig.

ASB_01 Leopoldshöhe-Nord: Dieses Gelände zwischen der Felix-Fechenbach-Gesamtschule hinten links und dem Baugebiet Brunsheide hinten rechts könnte bebaut werden.
ASB_01 Leopoldshöhe-Nord: Dieses Gelände zwischen der Felix-Fechenbach-Gesamtschule hinten links und dem Baugebiet Brunsheide hinten rechts könnte bebaut werden.

Die Kernaussagen fassen wir zusammen. Der Beginn der Sitzung ist 18 Uhr. Sie ist öffentlich und findet in der Mensa des Schulzentrums statt.

Wachstum nicht um jeden Preis

Thomas Jahn, SPD

Der Gemeinde werde ein Bevölkerungswachstum bis 2040 um 12,7 Prozent vorhergesagt. Auf dieser Grundlage würden im Regionalplan 13 Hektar an Wirtschaftsflächen und 103 Hektar an Wohnbauflächen als Entwicklungsgebiete zugestanden. Die SPD freue sich über die prognostizierte Entwicklung. „Ein Blick in die ostlippischen Kommunen zeigt, dass es auch anders aussehen könnte“, schreibt Jahn. Die SPD möchte zunächst den städtebaulichen Wettbewerb für das geplante Baugebiet Brunsheide Süd abwarten. Daneben habe die Entwicklung des südlichen Teils der Gemeinde Priorität, schreibt Jahn und verweist auf die Lücke zwischen Starenweg und Grester Straße in Asemissen. Die Gemeinde sollte Gewerbebetrieben, die in Allgemeinen Siedlungsbereichen siedeln dürfen, Flächen bereitstellen. „Der Entwurf des Regionalplanes lässt uns da neuen Spielraum, den wir nutzen möchten“, schreibt Jahn. Er betont: „Die alleinige Ausweisung von neuen Flächen im Regionalplan gibt noch lange keinen Anlass dazu, diese Flächen auch zu bebauen.“

Thomas Jahn 1
Thomas Jahn ist Fraktionsvorsitzender der SPD im Gemeinderat.

Die SPD-Fraktion setze sich seit 2012 mit dem Thema des Gemeinde-Wachstums auseinander. Die Partei möchte ein Wachstum mit Augenmaß, aber nicht um jeden Preis und schon gar nicht in dem Maß, wie es der Regionalplan hergibt. Die Sozialdemokraten wollen Wohnraum schaffen, der bezahlbar sein muss und trotzdem attraktiv in der Wohnlage und -form ist. „Wir bleiben ein Dorf und wollen das auch bleiben“, stellt Jahn fest.

Keine Bebauung in Schuckenbaum

Im Regionalplan für Schuckenbaum ist ein Teil des Naturschutzgebietes Windwehetal als Allgemeines Siedlungsgebiet verplant. Diese Fläche sei zwar theoretisch verfügbar, schreibt Jahn. Dem stünden aber Belange des Naturschutzes entgegen: „Wir als SPD vor Ort würden an dieser Stelle eine Bebauung ablehnen.“ Die Biotopvernetzung bleibe nach wie vor wichtig und werde weiter vorangetrieben.

Die SPD würde alle im regionalplan vorgesehenen Allgemeinen Siedlungsgebiete (ASB) vor Bebauung schützen wollen, mit Ausnahme der Brunsheide und der Fläche am Starenweg. Innerhalb der ASB könnten Flächen für Gewerbe geschaffen werden. „Wichtig dabei ist: Das alles muss mit der vorhandenen Infrastruktur, Nachbarschaft und Natur vereinbar sein“, betont Jahn.

Chance für die zweite Feuerwache

Würden alle ASB verwirklicht, könnte Leopoldshöhe um 2.000 Einfamilienhäuser wachsen. Das lehnt die SPD vehement ab. Bei den Schulen will die SPD dem vor einigen Jahren eingesetzten Schulentwicklungsprozess folgen. „Die Mehrbedarfe in den Schulen sind erkannt worden. Pläne für verschiedene Erweiterungen sind zum Teil erstellt“, schreibt Jahn. Er verweist auf den möglicherweise kommenden Rechtsanspruch auf einen Platz in Offenen Ganztagsgruppen. „Hier kommt es dann auch darauf an, wie und wer diesen Rechtsanspruch finanzieren wird“, schreibt Jahn. Er geht davon aus, das Land oder Bund zahlen werden. Für eine dringend benötigte neue Feuerwache im Süden der Gemeinde sieht Jahn durch den Regionalplan eine Chance. Ein zweiter Standort im Süden könne einen Signaleffekt haben und neue Mitglieder für die Feuerwehr generieren.

ASB_08-Asemissen: Das verfallende Anwesen liegt in diesem Siedlungsgebiet.  Foto: Thomas Dohna
ASB_08-Asemissen: Das verfallende Anwesen liegt in diesem Siedlungsgebiet. Foto: Thomas Dohna

Der Busverkehr müsse schneller und günstiger werden und öfter fahren. „Wichtigstes Ziel muss es sein, die Gäste nach der Pandemie wieder in die öffentlichen Verkehrsmittel zu bekommen“, schreibt Jahn. Dazu müsse geprüft werden, welche Linien in Zukunft wie weiter bedient werden können. Ein Beispiel könne das LIMO-Projekt der Kommunalen Verkehrsgesellschaft in Lage sein. Der Bahnhof in Asemissen müsse ausgebaut werden. Die Bahn müsse im 30-Minuten-Takt fahren. An Bushaltestellen soll es die Möglichkeit geben, an den Bushaltestellen Fahrräder abzustellen.

Die SPD kann sich alle Wohnformen vorstellen. Um zu erfahren, was möglich sein kann, gebe es den städtebaulichen Wettbewerb für das Baugebiet Brunsheide-Süd. Bestandteil dessen sind eben unterschiedliche Wohnformen und -konzepte, die wir dann alle uns anschauen werden.

So wenig Flächenverbrauch wie möglich

Birgit Kampmann, Bündnis 90 / Die Grünen

Die Grünen wollen eine behutsame Siedlungsentwicklung mit so wenig Flächenverbrauch wie möglich. Daher werden sie dem Beschlussvorschlag der Verwaltung nicht folgen und die Reduzierung des Kontingents für Allgemeine Siedlungsbereiche auf 25 Hektar im Gemeindegebiet Leopoldshöhe fordern. Denn das Kontingent von 103 Hektar für Wohnbebauung sei rein statistisch aus der bisherigen Bevölkerungsentwicklung abgeleitet worden, schreibt Kampmann in der Stellungnahme für die Grünen. „Hochwertige Ackerflächen dürfen nicht verloren gehen“, schreibt Kampmann. Die Grünen fordern mehr Anreize für die Umstellung auf ökologische Landwirtschaft und das sofortige Verbot von umweltschädigenden Pestiziden und Breitbandherbiziden wie Glyphosat.

Birgit Kampmann (Grüne). Foto: Thomas Dohna
Birgit Kampmann (Grüne). Foto: Thomas Dohna

Das Naturschutzgebiet Windwehetal darf nicht zerstört werden, stellt Kampmann mit Blick auf das ASB Schuckenbaum fest. Welche Flächen als Trittsteine oder Korridore für die Biotopvernetzung benötigt werden, werde ein in Auftrag gegebenes Gutachten ergeben.

Ziel ist ökologisches Bauen

Die Grünen wollen das Wachstum der Gemeinde an die Möglichkeiten der vorhandenen Infrastruktur anpassen. Sie wünschen sich ein Infrastrukturkonzept, in dem Bestandsaufnahme vorgenommen und eine Entwicklungsperspektive aufgezeigt wird.

Die Grünen wollen die Zentren verdichten, flächensparende Gebäude und bezahlbarem (Miet-)Wohnraum schaffen. „Einfamilienhäuser werden bei der Entwicklung neuer Baugebiete eher die Ausnahme sein“, stellen sie fest. „Unser Ziel ist ökologisches Bauen in Quartieren der kurzen Wege“, schreibt Kampmann. Die vielfältigen und bedarfsorientierten Wohnformen sollten differenzierten Lebensmodellen und Wohnansprüchen gerecht werden, aber auch Raum für experimentelles Bauen lassen.

Nur noch zwei Wohngebiete

Axel Meckelmann, CDU

“Die Christdemokraten werden dem Regionalplan so zustimmen”, sagt Axel Meckelmann, Fraktionsvorsitzender der CDU. Er sieht den Regionalplan als Rahmenplan, der im Zuge der kommunalen Selbstverwaltung ausgefüllt werden könne. „Je weiter der Rahmen ist, desto mehr Möglichkeiten hat die Kommune“, sagt Meckelmann.

Axel Meckelmann
Axel Meckelmann ist Vorsitzender der CDU-Fraktion im Gemeinderat. Foto: Thomas Dohna

Selbstverständlich möchte man jeden Quadratmeter guten landwirtschaftlichen Bodens erhalten, sagt Meckelmann. Die neuen Gebiete am Rande schieden von vornherein für eine Bebauung aus. Nur noch zwei Wohngebiete sollten zugelassen werden. Für die Brunsheide gebe es inzwischen vier Bauabschnitte. Meckelmann weist auch auf die Fläche am Starenweg in Asemissen hin. Würde dort gebaut, würden die Verkehrsprobleme zunehmen. Die Grester Straße und die Hauptstraße seien jetzt schon überlastet. Zu denken sei auch an die Grundschule und die Kindertagesstätten.

Orientiert am Bedarf

Die CDU würde gern alle im Regionalplan genannten ASB schützen. „Einen Bebauung kann ich mir nicht vorstellen“, sagt Meckelmann. Alle Gebiete stellten erhebliche Eingriffe dar. Die von der Gemeinde gewünschte Biotopvernetzung beziehe sich auf alle Gebiete. Vor allem die Eigentümer müssten überzeugt werden, Flächen zur Verfügung zu stellen. Bei jedem Gebiet werde abgewogen werden müssen, welche Bebauung dort möglich sein soll. Vor allem bei Eigenheimen werde man zurückhaltend sein müssen. Grundsätzlich würde die CDU keines der ASB von einer Bebauung ausschließen, damit würde man zukünftige Gemeinderäte binden. Auf der anderen Seite müsse gesehen werden, wo durch eine Bebauung am wenigsten in gewachsene Strukturen eingegriffen werde. „Alles orientiert sich am Bedarf“, sagt Meckelmann.

ASB_02-Schuckenbaum/Leopoldshöhe, diese Fläche schließt an das geplante Baugebiet Brunsheide jenseits der Felix-Fechenbach-Straße an. Foto: Thomas Dohna
ASB_02-Schuckenbaum/Leopoldshöhe, diese Fläche schließt an das geplante Baugebiet Brunsheide jenseits der Felix-Fechenbach-Straße an. Foto: Thomas Dohna

Klar sei, es gebe einen riesigen Bedarf an neuen Baugrundstücken. „Wir werden den Bedarf der Stadt Bielefeld nicht decken können“, sagt Meckelmann. Ein solcher Ausbau brächte auch soziale Probleme mit sich. „Wir müssen das so organisieren, dass das Leben hier finanzierbar bleibt.“ Die Gemeinde werde die Infrastruktur ausbauen müssen, selbst wenn nur eines der noch geplanten Baugebiete bebaut werde. Es fehle dann mindestens ein Kindergarten. „Wir könnten hier alles verkaufen, die Frage ist, ob wir das wollen.“

Mehr Mehrfamilienhäuser

Die Gemeinde werde auf eine vorausschauende Stadtplanung eingehen müssen. Schon durch den Bau der B66n in Asemissen werde es Veränderungen beim Busverkehr geben, stellt Meckelmann fest.

Neue Wohnformen begrüßt die CDU. Die Idee des genossenschaftlichen Wohnens wie beim geplanten Johanneshof findet Meckelmann gut, die Planungszeiten für neue Baugebiete aber zu lang. Es werde mehr Mehrfamilienhäuser und Doppelhausbebauung geben müssen. Zur Diskussion um die Forderung der Bundes-Grünen, den Einfamilienhausbau deutlich einzuschränken, meint Meckelmann: „In Bonn bekam man schon in den 1990er Jahren kein Einfamilienhaus mehr genehmigt.“

Meckelmann kritisiert, dass im ländlichen Bereich Flächen, beispielsweise Klimakorridore, zur Belüftung der Städte freigehalten werden müssen. „Wir können nicht die Steigbügel für die Städte halten“, sagt er. Da diese Flächen von den Gemeinden nicht genutzt werden könnten, könnten die Städte sie dafür entschädigen.

Ein Gewerbegebiet im Norden

Hermann Graf von der Schulenburg, FDP

Die Vorlage für den Regionalplan sei eine gute, das sei nicht immer so, meint Hermann Graf von der Schulenburg, Fraktionsvorsitzender der FDP im Gemeinderat. Den Vorschlägen der Verwaltung wolle die FDP folgen. Dennoch haben die Liberalen Fragen, zum Beispiel, ob es genügend Aussichtsflächen für das Gewerbe gibt. Leopoldshöhe sei angewiesen auf solche Flächen. Die FDP hat dafür einen Vorschlag: In der nordwestlichen Ecke von Leopoldshöhe, im sogenannten Sauerland an der Heeper Straße, würde es eine Fläche geben, die nahe zur A2 und zur B239 liege.

Hermann Graf von der Schulenburg ist der Vorsitzende der FDP-Fraktion im Gemeinderat. Foto: Thomas Dohna
Hermann Graf von der Schulenburg ist der Vorsitzende der FDP-Fraktion im Gemeinderat. Foto: Thomas Dohna

Hofstellen der Landwirte sollten aus den Landschaftsschutzplänen ausgenommen werden. Damit wären bauliche Veränderungen leichter möglich.

Keine Verbote bei Wohnformen

Bei der Inanspruchnahme von landwirtschaftlichen Flächen gebe es immer Zielkonflikte, sagt Schulenburg. Aber man müsse immer gewisse Entwicklungsflächen haben. Leopoldshöhe sei attraktiv. Es wäre schon etwas gewonnen, wenn für Ausgleichsflächen nicht auch die besten Böden genommen würden. Das ASB Schuckenbaum und dessen Einbeziehung eines Teils des Naturschutzgebietes Windwehetal sieht er entspannt. Da sei noch nichts entschieden. Der Naturschutz finde ja auch weiter unterhalb statt. Die Biotopvernetzung sei eine Sache, die vor Ort gemacht werden müsse.

Wenn sich mehr Mitbewohner in Leopoldshöhe einstellen, müsse die Infrastruktur der Gemeinde mitbedacht werden. Bei den Wohnformen plädiert die FDP für große Flexibilität. Für viele Menschen sei das Einfamilienhaus ein Traum. „Beim Wohnen sollten wir nicht mit Verboten arbeiten“, sagt Schulenburg.

„Den Ansatz mit dem Regionalplan zu arbeiten, finden wir sehr sinnvoll“, stellt Schulenburg für die FDP fest.