Leos Kino Filmtipp

Leos Kino-Aktiver Ulrich Schumann weist auf gute Filme hin. Foto: Edeltraud Dombert/Montage: Thomas Dohna
Leos Kino-Aktiver Ulrich Schumann weist auf gute Filme hin. Foto: Edeltraud Dombert/Montage: Thomas Dohna

Wilde Schreie, sanfte Mimik

Von Ulrich Schumann

Vor genau 20 Jahren starb Marlon Brando / ein Filmtipp von Leos Kino

Er schenkte uns Leinwandfiguren, die Kultstatus erlangten und das Kino das 20. Jahrhunderts prägten. Oft lag er mit seiner Filmauswahl aber auch richtig daneben. Als junger Mann war ein Sexsymbol, als älterer Herr war er fettleibig und unbeweglich. Marlon Brando war ein Schauspieler voller Widersprüche und doch einer der ganz Großen. Vor 20 Jahren ist er gestorben. Leos Kino erinnert.

Alles begann 1951 mit einem Schrei, der auch heute noch durch Mark und Bein geht. Wenn der junge Brando als Stanley Kowalski in „Endstation Sehnsucht“ nach „Stella!“ ruft, zuckt der ganze Kinosaal zusammen. Brando hatte diesen Schrei schon oft am Broadway in anderen Rollen gebracht und war so von Elia Kazan entdeckt worden. Als Stanley Kowalski war er so gut, dass Kazan seinen Autor Tennessee Williams bat, die Rolle zu vergrößern, damit Brando mehr Raum bekommt. Die Rechnung ging auf: Marlon Brando wurde auf einen Schlag weltberühmt und wurde zum Sexsymbol einer ganzen Generation. Und das, obwohl er als Stanley in „Endstation Sehnsucht“ am Ende eine Vergewaltigung begeht. So etwas war wohl nur in den 1950ern möglich…

In den 1950ern hatte Brando die Rolle des Rebellen abonniert. Ob als Hafenarbeiter Terry Malloy in Die Faust im Nackenoder als mexikanischer Revolutionsführer Emilio Zapata in „Viva Zapata!“: Brando spielte die Männer, die dagegen waren. Das kam gut an, doch Brando überreizte auch: In „Das kleine Teehaus“ sieht man ihn als klischeehaften Japaner verkleidet und hört fragwürdige Brocken japanischer Sprache – den Begriff der kulturellen Aneignung kannte man 1958 noch nicht.

In den 1960ern war Marlon Brando in nahezu vielen unvergesslichen Großproduktionen zu sehen. An seine Darstellung des Fletcher Christian in „Meuterei auf der Bounty“ kann sich wohl jeder Zuschauer erinnern. Doch Brando galt auch als schwierig und sorgte immer wieder für Streit am Film-Set. Dies trat bei den Dreharbeiten von „Die Gräfin von Hongkong“ 1966 erstmals zutage, als er in offenen Konflikt mit Sophia Loren geriet. Brando hatte schlicht keine Lust auf das Projekt.

Die 1970er wurden zum Höhepunkt von Brandos Schaffen. Legendär ist seine Darstellung des Don Vito Corleone in „Der Pate“ – ein erbarmungsloser Mafiaboss mit heiserer Stimme – oder des Colonel Kurtz in „Apocalypse Now“.

Marlon Brando gilt heute laut einer Liste des American Film Institutes als viert-wichtigster Filmschauspieler der USA. Kein Schauspieler seiner Generation wurde häufiger ausgezeichnet als er.

Wer noch Stoff für lange Sommer-Film-Nächte draußen sucht, ist bei Marlon-Brando-Filmen richtig. Viele seiner Filme sind für wenig Geld bei Amazon Prime Video als Stream erhältlich. Die ARTE-Doku „Der Harte und der Zarte“ bietet einen guten Einstieg in die Welt des Marlon Brando. Einem Brando-Festival im eigenen Garten steht diesen Sommer also nichts im Wege.