Immer für den Bürger

Klaus Sunkovsky steht auf dem Balkon des Ratssaales. Nach mehr als 46 Jahren im Dienst der Gemeinde verabschiedet er sich in den Ruhestand. Foto: Thomas Dohna
Klaus Sunkovsky steht auf dem Balkon des Ratssaales. Nach mehr als 46 Jahren im Dienst der Gemeinde verabschiedet er sich in den Ruhestand. Foto: Thomas Dohna

Klaus Sunkovsky geht in den Ruhestand

Leopoldshöhe (ted). Es ist jetzt oft das letzte Mal für Klaus Sunkovsky. Der fast 63-Jährige wechselt zum Jahresende in die passive Phase der Altersteilzeit. In zwei Jahren wird er in den Ruhestand wechseln und war dann mehr als 48 Jahre bei der Gemeindeverwaltung beschäftigt.

Gut 48 Jahre sind es jetzt. Am 1. August 1978 begann er seine Ausbildung. Sein Vater kam aus dem sogenannten Sudetenland, genauer aus Böhmen, das heute zu Tschechien gehört. Viele Jahrhunderte war das Sudetenland deutsches Siedlungsgebiet. Die meiste Zeit gehörte es entweder zum Römischen Reich Deutscher Nation oder anschließend zur österreichischen Monarchie.

Bis 1918 gab es noch kein Sudetenland. Der Begriff für die deutschen Siedlungsgebiete in Böhmen, Mähren und den später tschechischen Teilen Schlesiens kam erst nach dem Ende des Ersten Weltkriegs auf. Zugleich mit den Tschechen versuchten Deutsche einen eigenen Staat zu gründen. Im Vertrag von Saint-Germain, einem damaligen Vorort von Paris, sicherten die Sieger des Ersten Weltkriegs den Tschechen und Slowaken einen eigenen Staat zu. Die ehemals österreichischen Provinzen Böhmen, Mähren und Teile Schlesiens kamen zur Tschechoslowakei.

Aus Böhmen nach Lippe

1938 war es mit diesem Staat vorbei. Deutschland hatte unter dem Diktator Hitler Europa mit Krieg gedroht und bekam zur Beschwichtigung das dann so genannte Sudetenland zugeschlagen. „Mein Vater wurde sofort in die Wehrmacht eingezogen“, berichtet Sunkovsky. Ein Jahr später musste Vater Sunkovsky in den Krieg.

Der Vater war Jahrgang 1915 und hatte Kaufmann gelernt. Als mit dem Sieg der Alliierten und der damit einhergehenden Befreiung Deutschlands und Europas vom Nationalsozialismus am 8. Mai 1945 auch für Vater Sunkovsky der Krieg vorbei war, war auch die Heimat weg.

Heirat in Heipke

Die aus der Kriegsgefangenschaft entlassenen Soldaten hatten mehrere Möglichkeiten, eine Adresse anzugeben: Die, an der sie zuletzt gewohnt hatten, die letzte Arbeitsstätte oder den Ort, zu dem sie eingezogen worden waren. Vater Sunkovsky wählte die letzte Möglichkeit, die Stadt Detmold. Er kam nach Hovedissen und heiratete eine Heipkerin. „Ab da blieb die Mutter zu Hause. Das war damals so“, berichtet Klaus Sunkovsky.

Sunkovsky besuchte die Realschule. Als mit 16 Jahren die Berufswahl anstand, hielten die Eltern eine Ausbildung bei der Gemeindeverwaltung für eine gute Idee. „Gut und sicher“, sagt Sunkovsky. Geprägt habe ihn sicherlich die Haltung seiner Eltern: Sparsamkeit und Pflichtbewusstsein. Etwas, dass er auch im Rathaus wiederfand. „Die mich ausgebildet haben, waren ja auch die Kriegs- und Nachkriegsgeneration“, sagt Sunkovsky.

Zum Wohle der Bürger

Manche Kollegen seien noch bei den alten Dorfgemeinden tätig gewesen. Das habe auch geprägt: „Du machst das hier für die Menschen“, sagt Sunkovsky. Den jungen Auszubildenden sei der Satz eingeimpft worden: „Zum Wohle der Gemeinde, zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger.“

Als Sunkovsky anfing, sei die unmittelbare Aufbauphase der Gemeinde vorüber gewesen. 1969 war die Großgemeinde Leopoldshöhe im Zuge der Gebietsreform in NRW aus den ehemals selbstständigen Gemeinden und Bauernschaften Asemissen, Bechterdissen, Bexterhagen, Heipke, Krentrup und Leopoldshöhe geformt worden. Es gab noch die Hauptschule, die die Gemeinde zur Gesamtschule machte, die drei gemeindlichen Kindergärten und viel weniger Einwohner. „Das war alles“, sagt Sunkovsky.

Eine ordentliche Nummer 2

Einen Terminal gab es 1979 im Rathaus. Davor saß jemand und gab die Daten ein, die die Mitarbeiter im Rathaus auf Formularen vorbereitet hatten. Es gab Schreibkräfte, die diktierte Notizen und Briefe zu Papier brachten. Eine jährliche Aufgabe der Auszubildenden war es, den Haushaltsplan zu Büchern zusammenzulegen. Heute ist der Plan vollständig interaktiv auf der Website der Gemeinde zu finden. „Die Digitalisierung hat sehr viel verändert“, sagt Sunkovsky.

Über berufliche Veränderungen habe er wohl nachgedacht, zunächst während seines Wehrdienstes. „Das wäre auch etwas für mich gewesen“, sagt er. Aber er habe sich in der Gemeinde und ihrer Verwaltung immer wohl gefühlt, „was wohl auch an den Kolleginnen und Kollegen liegt“. Aufsteigen hätte er können. Aber: „Eine ordentliche Nummer 2 muss nicht immer eine gute Nummer 1 sein.“

Elend in der Gemeinde

Sunkovsky war Vollstreckungsbeamter. Das sei eine interessante Tätigkeit gewesen, er habe da aber auch gesehen, wie viel Elend es auch in einer solchen Gemeinde wie Leopoldshöhe geben kann. Anschließend war er 28 Jahre im Ordnungsamt. „Das war die beste Zeit“, sagt er

 „Draußen sein, bei den Menschen sein“, war das, was er mochte, gleich, ob es die nächtlichen Streifengänge, die Kontakte zu dem Marktbeschickern, zu den Schaustellern bei der Kirmes gewesen waren, das Kümmern um den Öffentlichen Personen-Nahverkehr oder die Verwaltung der Friedhöfe: „Ein bunter Strauß“. Es habe da auch manchmal unangenehme Dinge gegeben. „Ordnungsamt ist eine Eingriffsverwaltung“, sagt er.

„Wir brauchen einen“

Nach den 28 Jahren wechselte Sunkovsky in den Bereich Umwelt, indem ihn der Ruf ins Büro des Rates ereilte. Eine langjährige Mitarbeiterin war schwer erkrankt. Rasch musste jemand gefunden werden, der die Arbeit des Rates gründlich, geräuschlos und effizient versehen konnte. Die Augen aller fielen auf Klaus Sunkovsky. „Wir brauchen einen“, habe es geheißen, berichtet er. Der Pflichtbewusste übernahm.

Weiterhin hatte er mit Menschen zu tun, diesmal mit denen im Rat und in den Ausschüssen. „Und mit der Presse“, sagt er. Mit der Aufgabe war das Amt des Schriftführers im Haupt- und Finanzausschuss verbunden. Da hatte er am 10. Oktober 2024 seine letzte Sitzung.

In seinem noch Nicht-Ganz-Ruhestand („Ich bin noch zwei Jahre Mitarbeiter der Verwaltung.“) will Sunkovsky erst einmal zu sich selber finden, wie er sagt. Seine Frau Heike ist jünger als er und muss noch ein paar Jahre arbeiten. Er wird sich als Hausmann betätigen, im Heimatverein wieder aktiver mitmachen. Dort war er Jahrzehnte zweiter Vorsitzender. Öfter aufs Fahrrad will er sich schwingen und seiner Leidenschaft Wandern intensiver nachgehen. Und endlich in Ruhe frühstücken und Zeitung lesen. „Ich glaube nicht, dass mir langweilig wird“, sagt Sunkovsky.

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