Prof. Klaus-Peter Hufer trainiert Workshop-Teilnehmer in der argumentativen Auseinandersetzung mit Stammtischparolen
Kreis Lippe. Ein Argumentationstraining gegen Stammtischparolen hat Prof. Klaus-Peter Hufer (Universität Duisburg-Essen) im Rahmen eines interaktiven Online-Workshops der Lippischen Landeskirche veranstaltet. Die Strategien sollen die mehr als 50 Teilnehmenden befähigen, angemessen zu reagieren, wenn sie mit einer Situation konfrontiert werden, auf die sie nicht vorbereitet sind. Moderiert wurde der Nachmittag von Sabine Hartmann (Referentin für Ökumenisches Lernen) und Monika Korbach (Bildungsreferentin), teilt die Lippische Landeskirche mit.
Ob rassistische Aussagen im eigenen Familienkreis, Verschwörungserzählungen, die über soziale Netzwerke zugespielt wurden oder persönliche Anfeindungen auf einer Mahnwache für die Solidarität mit Geflüchteten: Auch die Teilnehmenden wussten über zahlreiche Erfahrungen zu berichten. „Die Beispiele zeigen, dass diese Situationen bei weitem nicht nur an irgendwelchen Stammtischen in Kneipen passieren“, erklärte Hufer. Besonders belastend seien die Aussagen, wenn sie auf Familienfeiern fielen: „Denn die Menschen, die das dort äußern, sind ja solche, die einem eigentlich sehr nahestehen.“
Ein gemeinsames Narrativ aller Parolen ist eine künstliche Einteilung in die Gruppen „Wir“ und „die Anderen“. Dieses „Othering“ führt zu Ausgrenzung und Diskriminierung. „Ich habe nichts gegen Ausländer, aber…“ oder „Man wird ja wohl noch sagen dürfen, dass …“ sind dem Bildungswissenschaftler zufolge typische Floskeln, die rechtspopulistische Erzählungen einleiten. „Der Populismus konstruiert eine Homogenisierung des Volkes, die im Widerspruch zu einer pluralen Gesellschaft steht“, sagte Hufer. Dem „Volk“ stehe dabei ein Kartell von Eliten gegenüber: „die“ Politik, „die“ Presse, „die“ Wirtschaft.
Stammtischparolen sind, so konstatierten Referent und Teilnehmende gemeinsam, verletzend, unreflektiert und selbstvergewissernd. Sie suchen einen vermeintlich Schuldigen und schaffen Identität und Gruppenzugehörigkeit durch Ausgrenzung. In einem Rollenspiel wurde eine Hassparole gegen Geflüchtete diskutiert: Zwei Teilnehmemde mussten die Aussage verteidigen, zwei dagegen argumentieren. „Ich kam mir ein bisschen schäbig vor, solche Sätze herauszuhauen“, sagte eine Beteiligte, die die Parole vertreten hatte. Eine, die dagegensprach, merkte an, dass sie in einer realen Situation wahrscheinlich kaum ihre Argumente hätte zu Ende ausführen können. „Tappen Sie nicht in die Komplexitätsfalle“, gab Hufer zu bedenken. „Es ist typisch, dass diese Leute keine Argumente oder Informationen zulassen.“ Zudem riet er dazu, den Gesprächspartner aufzufordern, beim Thema zu bleiben und sich nicht in endlose Diskussionen verwickeln zu lassen. Auch sei Gelassenheit wichtig: „Sie alleine können zwar die Welt nicht ändern, aber Sie sind nicht alleine – viele denken so wie Sie.“ Abschließend zeigte Hufer eindrücklich, warum es wichtig ist, Stammtischparolen entschieden entgegenzutreten: „Seit 1990 gab es mindestens 208 Todesopfer rechter Gewalt – und jedem Tod ging eine solche Parole voraus.“