Es wird Schaden angerichtet

Der Standort Leopoldshöhe im Neubau der Felix-Fechenbach-Gesamtschule. Foto: Thomas Dohna
Der Standort Leopoldshöhe im Neubau der Felix-Fechenbach-Gesamtschule. Foto: Thomas Dohna

Büchereileitung soll vorerst nicht besetzt werden

Debattenbeiträge stellen die Meinung des Verfassers dar.

Von Thomas Dohna

Es scheint, als will eine Ratsmehrheit aus CDU, Grünen und FDP in vorauseilendem Gehorsam die Gemeindebücherei der Haushaltssicherung opfern. Die Gemeindebücherei sei eine freiwillige Leistung, argumentieren sie. Die Leitungsstelle solle erst einmal unbesetzt bleiben. Dabei wollen sie doch beschlossen haben, die Überlegungen zu den Gemeindefinanzen ergebnisoffen zu führen.

Die angebliche Ergebnisoffenheit ist eine Schimäre. Ergebnisoffene Diskussionen gibt es im politischen Raum nicht, denn der politische Raum ist per Definition von Interessen getrieben. Parteien haben ihre Interessen, die sie in Partei- und Wahlprogrammen oder in Kooperationsvereinbarungen niederlegen. Zum Beispiel der zwischen SPD und Grüne.

In der ist vereinbart worden, dass die Grünen die Aufstockung der Gleichstellungsstelle von 15 auf 30 Stunden beanspruchen können. Das ist fast die Hälfte der Stunden für eine Büchereileitung mit 39 Stunden. Die Aufstockung haben die Grünen mit Hilfe der SPD durchgesetzt. Hinter vorgehaltener Hand ist zu hören, dass nicht nur die bis dahin in dem Amt tätige Mitarbeiterin diese Aufstockung für unnötig hielt.

Für die Grünen im Kreistag

Interessant ist, dass die jetzige Stelleninhaberin Grita Behrens für die Grünen im Kreistag saß. Mit der Aufstockung sollte die Arbeit der Gleichstellungstelle wirkungsvoller werden. Nur ist davon nichts zu beobachten. Interessant ist, dass die Grünen jetzt die SPD mit deren Forderung, die Leitungsstelle sofort abermals auszuschreiben, im Regen stehen lassen.

Ergebnisoffen ist die Diskussion um die Stelle auch nicht, wenn man betrachtet, wie viele Stellen in der Gemeindeverwaltung geschaffen worden sind, von deren Wirksamkeit die Bürger kaum etwas spüren. Sind durch die Teamleitungen für die Gemeindebetriebe, die Personalabteilung und die Stabstelle des Bürgermeisters die Leistungen für die Bürger in Leopoldshöhe besser geworden? Auch hier gibt es nur sehr wenig zu beobachten, was nicht an den Personen liegt, die diese Stellen besetzen. Es liegt einfach in der Sache. Nur bei der Bearbeitung von Wohngeldanträgen scheint es Verbesserungen zu geben.

Direkte Wirkung

Eine Gemeindebücherei wirkt ganz direkt in die Gesellschaft einer Gemeinde. Hier kann Handeln von Politik und Verwaltung auf sehr positive Weise spürbar sein – anders als bei reinen Verwaltungsstellen. Eine Gemeindebücherei kann – eine ausreichende finanzielle Ausstattung vorausgesetzt – in die Schulen und Kindertagesstätten wirken, mit und ohne Partner Veranstaltungen für Eltern, Bücher- und Gartenfreunde anbieten. In der Vergangenheit waren diese Veranstaltungen gewöhnlich besser besucht als ähnliche der Gleichstellungstelle – vor allem von Frauen.

Eine Gemeindebücherei ist eine Quelle der Bildung. Vor allem Mütter und manchmal Väter kommen mit ihren Kindern und nehmen mit ihnen zusammen statt des Smartphones Bücher in die Hand und lesen. Frauen und Männer hören sich Lesungen an. In der Vergangenheit haben solche Lesungen auch über die Grenzen Leopoldshöhes hinaus Beachtung gefunden. Die Ausleihzahlen der Gemeindebücherei Leopoldshöhe können sich bislang sehen lassen.

Keine Ahnung vom Geschäft

Wer meint, das alles könne man ein, zwei Jahre brach liegen lassen, hat ganz offensichtlich keine Ahnung vom Geschäft der Gemeindebüchereien und auch keinen blassen Schimmer davon, welche Mühe es macht, solche einmal zusammengefalleneb Strukturen wieder aufzubauen. Das ist nicht in ein paar Tagen gemacht. Dafür sind Jahre anzusetzen.  

Wer Kindertagesstätten in kommunaler Hand für unverzichtbar hält, muss auch zur Gemeindebücherei stehen, denn für eine Gemeindebücherei gibt es keinen anderen Träger mit gleicher Qualität, für Kindertagesstätten schon. Mit ziemlicher Sicherheit schreit derjenige, sobald das Kind in der Grundschule ist, dass dort doch mehr gelesen werden solle. Aber leider kommt niemand mehr, der wöchentlich frische Bücher in die Schulklassen bringt.

Und noch eins: Wäre die ehemalige Büchereileiterin Kerstin Koppmann noch in Leopoldshöhe, würde dann auch so über deren Stelle – angeblich ergebnisoffen – verhandelt? Man darf vermuten, dass nicht.

Eines dürfte in jeden Fall klar sein: Das Fünf-Millionen-Defizit der Gemeinde wird sich nicht durch die Nicht-Besetzung der Büchereileitungsstelle heilen lassen. Bleibt die Ratsmehrheit bei ihrer Auffassung, wird sie mehr Schaden anrichten als ihr bewusst ist und als sie ahnt.

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