
Eine Analyse der Kommunalwahl 2025
Debattenbeiträge geben die Meinung des Autors wieder.
Von Thomas Dohna
Es war eine besondere Kommunalwahl in Leopoldshöhe. Zum ersten Mal unterstützten CDU, FDP und Grüne gemeinsam einen SPD-Bürgermeisterkandidaten. Zum ersten Mal übertrumpfte eine Wählervereinigung die CDU und verdrängte sie vom ewigen zweiten Platz. Zum ersten Mal stellte sie einen Bürgermeisterkandidaten auf und zum ersten Mal gewann sie Direktmandate. Zum ersten Mal haben Vertreter einer gesichert rechtsextremistischen Bestrebung Sitze im Leopoldshöher Gemeinderat errungen. Zum ersten Mal trat ein Vertreter dieser Bestrebung als Bürgermeisterkandidat in Leopoldshöhe an.
Was nicht zum ersten Mal geschah: Die SPD gewann alle Sitze als Direktmandate und ist stärkste Fraktion. Die CDU gewinnt wenige Direktmandate. Die Grünen kommen ausschließlich über die Reserveliste in den Gemeinderat und die FDP stellt nur einen Vertreter.
Die Kommunalwahl war die erste nach dem Wechsel im Amt des Bürgermeisters 2020. Zuvor hatte Gerhard Schemmel 21 Jahre die Geschicke der Gemeinde wesentlich mitbestimmt. Die SPD war in der Geschichte der Gemeinde mit einer Ausnahme immer stärkste Fraktion. Ohne sie ging nichts.
Anderer Wind im Rathaus
Mit der Wahl Martin Hoffmanns, eines Informatik-Professors mit eigener Softwarefirma, zog ein anderer Wind in Rathaus und Gemeinderat ein. Anders als sein Vorgänger überließ Hoffmann viele Vorgänge im Rathaus ausschließlich den dafür verantwortlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, was für sie mehr Freiheit, aber auch mehr Verantwortung bedeutet. Die Ausschüsse arbeiteten anders als zuvor ohne Anwesenheit des Bürgermeisters, auch bei kritischen Themen. Die Zugänge zum Bürgermeister, um etwas auf dem kleinen Dienstweg zu regeln, wurden schmaler, die Gräben zwischen den Fraktionen im Gemeinderat auch.
Es folgte ein sachter Umbau der Verwaltung und die Einziehung eine neuen Hierarchieebene, die der Teamleiter, verbunden mit der Einstellung von Personal. Hoffmann trieb die Digitalisierung von Verwaltungsprozessen voran, verbunden mit einer Überprüfung der Abläufe. Zugleich erbte er die Planungen für das neue Wohngebiet Brunsheide, das der vorletzte Gemeinderat als Leuchtturmprojekt ankündigte.
Kriegsflüchtlinge
Wie alle Kommunen muss Leopoldshöhe seit 2015 mit gestiegenen Flüchtlingszahlen umgehen, vor allem ausgelöst durch den inzwischen zu einem gewissen Ende gekommene Bürgerkrieg in Syrien. In der Geschichte der Gemeinde ist das nichts Neues. In den 1990er Jahren bewältigte sie die Unterbringung von sogenannten Kontingentflüchtlingen aus der zusammengebrochenen UdSSR und die Unterbringung von Flüchtlingen infolge des Balkankrieges, ausgelöst durch serbisches Großmachtstreben. Mit dem Beginn des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine kamen 2022 abermals Kriegsflüchtlinge nach Leopoldshöhe.
Erst jüngst traten zwei Dinge hinzu: die für die kommenden Jahre prekäre Haushaltslage und die Pläne der Stadtwerke Bielefeld, im Norden der Gemeinde Windräder zu bauen. Zuvor schon hatte die Gemeinde zwei Häuser gekauft, um dort Flüchtlinge unterzubringen, eines an der Herforder Straße, das andere an der Hauptstraße in Asemissen.
Drei Protestbewegungen
Aus dieser Kombination von Umständen erwuchsen drei Protestbewegungen. Die eine – bürgerliche – richtete sich schon vor ein paar Jahren gegen die geplante Bebauung der Brunsheide mit Mehrfamilienhäusern. Chronologisch gesehen trat im Frühjahr die zweite – rechtsextremistisch gesteuerte – Protestbewegung auf den Plan. Sie richtete sich gegen das Flüchtlingsheim an der Hauptstraße. Die dritte – bürgerliche – Protestbewegung formierte sich gegen die Pläne der Stadtwerke Bielefeld, im Norden der Gemeinde Windräder zu bauen.
Diese Protestbewegungen mündeten in zwei für Leopoldshöhe neue Kräfte. Die Initiative in Asemissen war schon von einem bekannten Rechtsextremisten angeschoben worden. Schnell übernahm die von Bundesamt für Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistische eingestufte AfD die Kontrolle.
Geteilte Fraktion
Die Protestbewegung gegen die geplante Bebauung der Brunsheide bündelte sich in einem Verein, die gegen die Windräder in einer Bürgerinitiative, beides zutiefst bürgerlich-demokratische Protestformen.
Im Gemeinderat hatte sich zuvor die FDP-Fraktion geteilt. Der ehemalige Bürgermeisterkandidat der FDP Ulrich Meier zu Evenhausen verließ mit seinem Sohn Sven die FDP und gründete die PUB. Zur Kommunalwahl suchte und fand Meier zu Evenhausen Mitstreiter. Die Wählervereinigung PUB entstand. Die PUB sog die Forderungen der beiden Protestbewegungen „Brunsheide“ und „Windräder“ auf. Protagonisten beider Bewegungen wie Martin Betge (Brunsheide) und Dagmar Beermann (Windräder) haben nun Sitze im Gemeinderat gewonnen.
Die PUB
Ein Blick auf die Ergebnisse in den Wahlkreisen zeigt das gut. In dem bisher immer von der SPD gehaltenen Wahlkreis Bexterhagen/Nienhagen im Norden der Gemeinde und nahe an den geplanten Windkraftstandorten errang Dagmar Beermann das Direktmandat. Im Wahlbezirk Schuckenbaum II gewann der Bürgermeisterkandidat der PUB Frank Elbrächter mit weitem Abstand zu den Mitbewerbern das Direktmandat.
In Leopoldshöhe III, im Süden an die Brunsheide angrenzend holte Irene Krahn von der PUB 43,3 Prozent und das Direktmandat. Im benachbarten, aber schon etwas weiter von der Brunsheide entfernten Wahlkreis Leopoldshöhe I war Uwe Wolff mit 26,75 Prozent erfolgreich.
In den südlichen Gemeindeteilen Asemissen und Bechterdissen erreicht die PUB zwischen zehn und 15 Prozent der Stimmen. In Krentrup, einer Hochburg der SPD, gut 16 Prozent. In der Mitte, in Greste und Leopoldshöhe II sind es dann schon mehr als 20 Prozent.
Die AfD
Anders sieht es bei der AfD aus. Die Protestbewegung gegen das Flüchtlingsheim scheint die Wahlentscheidungen nicht beeinflusst zu haben. Dieses Thema wird von den Hintermännern und -frauen seit der von einem Rechtsextremisten organisierten Demonstration auf dem Marktplatz offenbar nicht mehr verfolgt. Am Flüchtlingsheim sind inzwischen Container ohne jede weitere Aktion von rechtsextremistischer Seite aufgebaut und in Betrieb genommen worden.
Der stärkste AfD-Wahlkreis ist Bechterdissen III östlich der Hauptstraße. Hier errang die AfD 23,74 Prozent. Zur Bundestagswahl hatte die AfD hier noch 31,46 Prozent der Zweitstimmen geholt, sie hat also fast acht Prozent verloren. Im Wahlbezirk 130 Greste II erzielte die Partei 20,97 Prozent, nach 32,08 Prozent bei der Bundestagswahl, ein Verlust von fast zwölf Prozent. Insgesamt hat die AfD im Vergleich zur Bundestagswahl Stimmenanteile verloren. Von 22,87 Prozent (2.520 Stimmen) ging es runter auf 15,42 Prozent und 1.377 Stimmen, eine knappe Halbierung, wenn man auf die Zahl der Stimmen schaut.
Die SPD
Die SPD ist die stärkste Fraktion geworden und hat trotz erheblicher Verluste die meisten Stimmen eingefahren, 2.477. Damit legte die SPD im Vergleich zur Bundestagswahl 2025 zu. Im Februar erzielte sie hier 2.257 Stimmen.
In Krentrup erreichte Andreas Brinkmann (SPD) fast abonnementsmäßig das prozentual beste Ergebnis aller Direktkandidaten seiner Partei. In Bechterdissen I rund um den Grenzweg und als Zentrum die Wildtiersiedlung erreichte Günter Dove mit 37,18 Prozent das zweitbeste Ergebnis. In Schuckenbaum II, dem Wahlkreis von Frank Elbrächter (PUB), kam die SPD mit 16,19 Prozent auf ihr schlechtestes Ergebnis in Leopoldshöhe.
CDU, Grüne und FDP
Die CDU behauptete sich in den Wahlkreisen Bechterdissen II und Schuckenbaum I. Manuel Unrau liegt in Bechterdissen II mit 32,85 Prozent vor Uwe Albrecht (SPD) 27,47 Prozent. Markus Mittermüller (CDU) obsiegte in Schuckenbaum I mit 29,92 Prozent. Brigitte Ames (PUB) ging mit 25,62 Prozent als zweite vom Platz. Ihr schlechtestes Ergebnis erzielte die CDU in Krentrup mit 14,33 Prozent. Bei der Bundestagswahl 2025 bekam die CDU 3.273, jetzt sind es 1.925.
Dort, in Krentrup, gingen die Grünen mit mehr als zehn Prozent nach Hause. Ihr bestes Ergebnis erreichten sie in Leopoldshöhe I rund um die Schulstraße mit 13,17 Prozent, ihr schlechtestes Im Wahlbezirk Schuckenbaum I mit 5,72 Prozent. Im Vergleich zur Bundestagswahl 2025 sackten die Grünen von 1.082 Stimmen auf 859 ab.
Bleibt noch die FDP, die große Verliererin der Kommunalwahl. 2020 hatte sie mit 14,01 Prozent ihr bestes Ergebnis in der Geschichte der Leopoldshöher FDP und vier Sitze im Gemeinderat erreicht. In der Mitte der Wahlperiode spaltete sich die PUB ab. In Schuckenbaum I, dort wo die Grünen ihr schlechtestes Ergebnis haben, hat die FDP mit 5,42 Prozent ihr bestes. Ganze 0,64 Prozent, das sind drei Stimmen, bekam die FDP in Bechterdissen I. 544 Stimmen bekam die FDP zur Bundestagswahl 2025, jetzt sind es 271.
Bürgermeisterwahl
Zurück zur Bürgermeisterwahl. Amtsinhaber Hoffmann erzielte in fast allen Wahlkreisen die Mehrheit. Allein in der PUB-Hochburg Schuckenbaum II liegt Hoffmann mit 39,21 Prozent hinter seinem Herausforderer Frank Elbrächter. Den weitesten Abstand haben die beiden im Wahlbezirk Greste I. Dort liegt Hoffmann mit 69,35 Prozent vor Elbrächter mit 17,61 Prozent, ein Abstand von 51,74 Prozent.
Selbst in Bechterdissen III, dem stärksten Wahlkreis der AfD und ihres Bürgermeisterkandidaten Siegfried Fuchs (19,69 Prozent), bekam Hoffmann 61,74 Prozent der Stimmen. Elbrächter ist dort das Schlusslicht mit 18,57 Prozent.
Damit haben die Leopoldshöher eindeutig gezeigt, wem der drei Bürgermeisterkandidaten sie zutrauen, Leopoldshöhe in den kommenden fünf Jahren zu führen.