Rückblick auf ein besonderes Jahr

2022 war für uns alle ein sehr herausforderndes Jahr“, resümiert Dieter Hagedorn, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Lippe.
Dieter Hagedorn, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Lippe berichtet rückblickend auf das Jahr 2024. Foto: wlv

Bericht des Kreisverbandsvorsitzenden der Landwirte Dieter Hagedorn

Kreis Lippe. „Wir schauen auf ein außergewöhnliches Jahr mit Höhen und Tiefen für die Landwirtschaft zurück“, berichtet Kreisverbandsvorsitzender Dieter Hagedorn laut einer Mitteilung des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes.

Der Jahresbeginn stand im Zeichen bundesweiter Proteste. Erst ging es um den Erhalt der KFZ-Steuer-befreiten Fahrzeuge, später um noch viel mehr. Was ist geblieben, fast ein Jahr später?

Die Wettbewerbsfähigkeit unserer Landwirte stand auf dem Spiel. Es ist gelungen, die Steuerbefreiung zu erhalten, die Agrardieselrückerstattungen sollen stückweise in den nächsten drei Jahren abgebaut werden, anstatt sofort ganz wegzufallen.

Landwirte protestierten auch gegen zu viel Bürokratie. „Hier wünscht sich der Berufsstand mutigere Schritte“, betont Hagedorn. Weitere Branchen hatten sich bei dieser Forderung angeschlossen.

Blick auf die Felder – viel Sommergetreide

Während der Getreideaussaat im Herbst und Winter 2023 regnete es häufig und ergiebig. So konnten viele Landwirte in OWL und weiteren Teilen Deutschlands nicht wie geplant das Wintergetreide aussäen, sondern mussten teilweise auf Sommergetreide umsteigen. Dieses konnten sie erst später säen. Der späte Frost mit lokalen Schneefällen im April setzte manchen Kulturen – wie dem Raps – zu, die sich aber später recht gut erholen konnten.

Anders als erwartet, waren die Getreideerträge deutlich unter dem Durchschnitt der letzten Jahre. Die Kartoffelernte ist hingegen rekordverdächtig.

Gräser und der Mais, sowie zum Teil die Zuckerrüben, profitierten vom nassen Halbjahr. Der Mais stand in diesem Jahr recht gut. Auf den Wiesen wuchs das Gras sehr gut und die Milchvieh- und Rinderhalter, Schaf-, Pferde- und Ziegenhalter konnten Futter bevorraten. Die Ernte fiel aber sehr unterschiedlich aus.

Klimawandel hat uns erreicht

„Der ausgeprägte Dauerregen, der uns in der ersten Jahreshälfte begleitete, und die regional sehr unterschiedlich guten Ernteerträge sind Zeugen des Klimawandels“, sagt Hagedorn. Eine vielseitige und anpassungsfähige Landwirtschaft sei das beste Instrument, dem Klimawandel zu begegnen. Wetterextreme haben sich verstärkt und eine Witterungsphase hält über Tage oder Wochen an. Um flexibel auf solche Wetterkapriolen zu reagieren, brauche die Landwirtschaft Spielraum, der ihr von der Politik eingeräumt werden müsse.

Eine Demo fand im Januar auch auf dem Kronenplatz in Detmold statt. Nicht nur Landwirte, auch andere Branchen waren vertreten. Foto: WLV
Eine Demo fand im Januar auch auf dem Kronenplatz in Detmold statt. Nicht nur Landwirte, auch andere Branchen waren vertreten. Foto: WLV

Tierseuchen

In den vergangenen Monaten hat das Tierseuchengeschehen in NRW Fahrt aufgenommen. Afrikanische Schweinepest (ASP), Blauzungenkrankheit, Rinderherpesvirus oder Vogelgrippe, jede unserer Nutztierarten scheint bedroht zu sein. Eine Entwarnung gibt es noch nicht überall.

Mittlerweile konnte das Rinderherpesvirus nach lokal massiven Ausbrüchen gut eingedämmt und weitgehend bekämpft werden. Es ist eine für Rinder infektiöse und gefährliche Viruserkrankung, die oft lange Zeit latent, also unentdeckt bleibt. Bricht sie aus, ist sie hochinfektiös.

Seit Juni 2024 gibt es Fälle der ASP in Hessen, was auch in OWL zu erhöhter Unruhe führt. Bis heute hat es die Landesgrenze jedoch zum Glück noch nicht überschritten.

Der Ausbruch der Blauzungenkrankheit bei Rindern und kleinen Wiederkäuern, wie Schafen und Ziegen, traf auch Ostwestfalen-Lippe hart. Kaum ein Betrieb blieb verschont. Die Impfung ist der einzig gute Schutz vor der Krankheit, die von Mücken übertragen wird und wird mittlerweile flächendeckend angewendet.

Alljährlich zu Beginn der Zugvogelreise in den Süden, sowie zu ihrer Rückkehr im Frühjahr, grassiert die Vogelgrippe im Land. Eine Impfung wurde mittlerweile entwickelt, doch es hakt noch am Genehmigungsverfahren, damit die Impfung auch in Deutschland zugelassen wird.

Die aktuell einzige Maßnahme ist die Stallpflicht für Geflügel, um den Kontakt zwischen Haus- und Wildgeflügel so klein wie möglich zu halten. Im Moment gibt es keine Stallpflicht.

Tierhaltung

Immer mehr landwirtschaftliche Betriebe werden aufgegeben oder umgenutzt. Besonders deutlich werden die Betriebsaufgaben in der Tierhaltung sichtbar. In der Schweinehaltung gab es beispielsweise in den vergangenen fünf Jahren einen massiven Rückgang der Tierzahlen und ihrer Halter. Gab es 2020 noch etwa 1,4 Mio Mastschweine in Ostwestfalen-Lippe, sind es aktuell nur noch 1,2 Mio. Ähnliche Entwicklungen sind bei Milchkühen zu beobachten. Grund dafür sind nicht zuletzt zahlreiche Verordnungen seitens der Politik, die in der Praxis schwer umsetzbar sind. Des Weiteren gibt es eine allgemeine Verunsicherung, wie sich die Tierhaltung weiterentwickeln soll. Obwohl viele Landwirte gern in ihre Tierhaltung investieren würden, zögern sie. Es gibt zu wenig Planungssicherheit und ein Neubau oder Umbau eines Stalls geht fast immer mit sehr hohen Investitionskosten und jahrelang laufenden Krediten einher.

„Die Veränderungen und Unsicherheiten, in denen wir uns gerade auch politisch befinden, lässt den Fortgang für die Landwirtschaft noch unvorhersehbarer erscheinen“, und weiter: „Dank ständiger Weiterentwicklung, Forschung und Züchtung sind wir gut gewappnet für die Unvorhersehbarkeiten der Zukunft“, so Hagedorn, und blickt optimistisch ins neue Jahr.

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