Tunnel-Tempo 40 bleibt noch länger

Seit vier Wochen gilt Tempo 40 für den Tunnel durch den Menkhauser Berg. Foto: Thomas Dohna
Seit vier Wochen gilt Tempo 40 für den Tunnel durch den Menkhauser Berg. Foto: Thomas Dohna

So sollen Unfälle verhindert werden

Oerlinghausen (ted). Seit einem Monat gilt im Tunnel „Menkhauser Berg“ Tempo 40 statt Tempo 70. Der Landesbetrieb Straßen.NRW hatte das mit teilweise ausgefallener Beleuchtung und damit einhergehenden schlechten Sichtverhältnissen begründet. In der Tat ist ein Leuchtenband am nördlichen Ende des Tunnels ausgefallen.

Die seien Teil der „adaptiven Beleuchtung“, sagt Sven Johanning, Pressesprecher des Landesbetriebes, gegenüber den Leopoldshöher Nachrichten. Diese Beleuchtung soll den Autofahrern den Übergang von Tunnellicht in das hellere Tageslicht und die Anpassung der Augen daran erleichtern. Eine Leistung, die weder in der trüben Jahreszeit noch nachts zum Tragen kommt, wie Johanning einräumt.

Im Tunnel hängt ein Leuchtenband von der Mitte der Tunneldecke. Es endet kurz vor den Tunnelportalen. Ab da sind an den oberen Deckenseiten für jede Fahrbahn weitere Lampen angebracht. Nur die an der nördlichen Seite der Fahrbahn Richtung Leopoldshöhe sind ausgefallen, insgesamt 44 Leuchten. Die 44 an der anderen Seite funktionieren. Am Südportal leuchten an der Fahrtrichtung Lipperreiche 44 Leuchten und an der Gegenrichtung 55. Tempo 40 gilt für beide Fahrtrichtungen.

Der Landesbetrieb teilte vor vier Wochen mit, dass die Beleuchtung so alt wie der Tunnel selbst sei. Der Tunnel ist 1998 eröffnet worden. Für die Lampen gebe es keine Ersatzteile mehr, sagt Pressesprecher Johanning. Deswegen sei die gesamte Beleuchtung ausgeschrieben worden. Ein Auftrag sei noch nicht vergeben.

Die Grundlage für die Entscheidung trotz objektiv guter Sichtverhältnisse im und an den Ausgängen des Tunnels Tempo 40 zu verhängen, seien die „Richtlinien für die Ausstattung und den Betrieb von Straßentunneln (RABT)“. Die gibt es seit 1985 und sind 2006 nach verheerenden Bränden in verschiedenen Tunneln in den Alpen verschärft worden.  Im März 1999 war im 11,6 Kilometer langen Mont Blanc-Tunnel ein mit Mehl und Margarine beladener Lastwagen in Brand geraten. Brandursache soll eine glühende Zigarettenkippe gewesen sein. Das Feuer griff auf weitere Fahrzeuge über. Der Brand war erst nach 24 Stunden unter Kontrolle. 39 Tote waren zu beklagen. Zwei Monate später geriet im gut 6,5 Kilometer langen Tauerntunnel in Österreich nach einem Unfall ein mit Lacken beladener Lastwagen in Brand. Es kam zur Explosion. Der Brand war erst nach 16 Stunden unter Kontrolle. Zwölf Tote bargen die Rettungskräfte. Die meisten Opfer dieser Brände starben an einer Rauchvergiftung. Gerade bei der Brandrauchlüftung der Tunnel dürfen die Tunnelbauer allerdings von den Richtlinien abweichen, um technisch machbare und nicht zu teure Lösungen finden zu können.

An einer Seite im Tunnel „Menkhauser Berg“ sind Leuchten ausgefallen. Der Landesbetrieb hält den Sicherheitsverlust für so gravierend, dass seit vier Wochen im Tunnel Tempo 40 statt Tempo 70 gilt. Foto: Thomas Dohna

Verschiedene Brandversuche in Tunneln zeigten, dass schon bei einem Brand eines mit Alltagsgegenständen wie Holzpaletten beladenem LKW nach 35 Minuten Temperaturen von bis zu 1.350 Grad Celsius erreicht werden. Damit ist der Beton eines Tunnels in seiner Standfestigkeit gefährdet. Die Auskühlung dauert Stunden.

In Folge dieser und weiterer Unfälle sowie der wissenschaftlichen Versuche sind viele Tunnel in Europa und Deutschland entlang der RABT neu mit Sicherheitstechnik ausgestattet worden. So habe der Tunnel „Menkhauser Berg“ eine parallel zum Haupttunnel verlaufende Rettungsröhre bekommen, sagt Sprecher Johanning, zu der es vom Haupttunnel aus Fluchttüren gibt. Die Ausstattung des Tunnels mit neuer Sicherheitstechnik ist noch nicht abgeschlossen. So sollen die Lüftungssteuerung erneuert, Havariebecken an den Portalen gebaut, eine neue Notbeleuchtung und visuelle Leiteinrichtungen installiert sowie eine Fluchtwegkennzeichnung und Orientierungsbeleuchtung angebracht werden. Eine Notrufstation, eine Videoüberwachung, ein Tunnel- und Verkehrsfunk, eine Lautsprecheranlage und eine Brandmeldeanlage sollen eingebaut oder erneuert werden. Erneuert werden soll auch die zentrale Leittechnik. Eine unterbrechungsfreie Stromversorgung für die Einrichtungen im Tunnel, eine Sichttrübemesseinrichtung sowie Fluchtstollen wird es ebenfalls geben. Die Arbeiten plant der Landesbetrieb Straßen.NRW ab 2023.

„Mit dem Tempo 40 sollen Unfälle verhindert werden“, sagt Sven Johanning. Wann die Tempobeschränkung aufgehoben werden kann, ist unsicher.